Die Ernten in Brasilien bestimmen den weltweiten Kaffeepreis. Doch das Land hat nicht nur Masse zu bieten, sondern auch qualitative hochwertige Plantagen-Kaffees.
“They’ve got an awful lot of coffee in Brazil” klagte in den vierziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts Frank Sinatra in seinem “Coffee Song”: “No tea or tomato juice, you’ll see no potato juice”, selbst “coffee pickles way outsell the dill”.
Und wenn Schinken und Eier nach nichts schmecken, in Brasilien sorgt dann eben Kaffeeketchup für Würze. “Man,” so endet der Song, “they got a gang of coffee in Brazil”. Das Thema Kaffee und Brasilien könnte nun mit diesen kurzen Eingebungen umfassend erläutert sein, ist es aber nicht.
Die Kaffee-Börse
Erwartungsvoll und bang: So schaut die Kaffeewelt jedes Jahr auf das Land am Zuckerhut.
Wie wird die Ernte ausfallen? Gab es Fröste? Oder Trockenheit? Brasilien ist seit Jahrzehnten größter Kaffeproduzent, über 25 Prozent der weltweiten Kaffeeimporte stammen aus dem Riesenreich am Amazonas.
Brasiliens Bedeutung zeigt sich auch an der New Yorker Börse, wo der Preis für die international gehandelten oft ins bodenlose purzeln, immer dann wenn sich die Anzeichen für eine neue Rekordernte mehren. Mit der Entwicklung hin zum Genuss hat das selbstredend nichts zu tun. Im Gegenteil : Rohkaffeepreise von weniger als 60 US-Cents erlauben kaum noch eine kostendeckende Produktion guter Qualitäten. Der Brasilkaffee hat schon seit vielen Jahren den zweifelhaften Ruf eines billigen Füllkaffees.
Aber die Tendenz zur Produktion und Vermarktung von “Spezialkaffees” setzt sich immer mehr durch. “Der Markt teilt sich zunehmend auf”, sagt Vincent Schlüter, Kaffeehändler aus Hamburg: “Auf der einen Seite gibt es Massenangebote für die Hersteller des Industriekaffees. Doch daneben entsteht ein eigener Markt der echte Spezialitäten in hervorragender Qualität bereitstellt.” Und diese finden sich dann auch in Brasilien.
Kaffee-Vielfalt in Brasilien
Das Land, das sich über 42 Breitengrade erstreckt, erstreckt sich daher eben auch über viele verschiedene Klimazonen. Der Kaffeeanbau in Brasilien spannt sich über beinahe 25 Breitengrade und reicht vom Aquator bis über den südlichen Wendekreis. Klima und Struktur der Böden sind so unterschiedlich, dass die Kaffees der einzelnen Bundesstaaten eigene Charkteristika aufweisen. Der Kaffee aus Espirito Santo, der an den Hängen zur Atlantikküste hin wächst, nimmt zum Beispiel deutlich einen Geschmack von Meerwasser an.
Von 26 brasilianischen Bundesstaaten pflanzen 17 Kaffee an, wobei über 90 Prozent des Gesamtertrages die an der Ostseite gelegenen Regionen Parana, Sao Paolo, Minas Gerais, Cerrado, Esperito Santo und Bahio abdecken. Parana, das südlichste Gebiet, behauptete lange Zeit den Löwenanteil. Verhängnisvolle Fröste haben jedoch die Anpflanzungen deutlich nach Norden getrieben, hinauf in die höheren Regionen von Minas Gerais, so dass heute dort die Hälfte der Ernte gelesen wird.
Bei brasilianischem Kaffee handelt es sich zu 80 Prozent um Arabica-Sorten. International werden diese Kaffees aus der ehemaligen portugiesischen Kolonie als “Brazil and other milds” gehandelt. Die restlichen 20 Prozent der Produktion liegt auf Cornillion, einer Varietät der wilden Robustapflanze, aus der auch löslicher Kaffee hergestellt wird. Annähernd 250.000 Farmer bewirtschaften eine durchschnittliche Ertragsfläche von 9 Hektar. Die weltweit größte Kaffeeexportmenge setzt sich also aus einer Vielzahl kleiner, oft unterschiedlich arbeitender Plantagen zusammen.
Plantagen-Kaffees
Bei Café do Brasil herrscht eine große Vielfalt, die sich auch noch durch regionale Herkunft unterscheidet. Zahlreiche Varietäten werden angebaut. Zu den häufigsten Sorten, die für eine besondere Qualität bürgen, gehören Catuai, Mundo, Novo, Bourbon und ICATU. Da die unterschiedlichen Klimabedingungen in den Anbauzonen zudem die trockene (natural bzw. natural pulped) als auch die nasse Aufbereitung (semi washed) erlaubt, um die Kaffeekirschen von ihrem Fruchtfleisch zu entpulpen, eröffnet sich ein breites Angebot an Qualität und Aromafülle. Lust auf exzellenden “Café do Brasil”? Fragen sie bei Ihrem Kaffeeröster um die Ecke nach, könnte aber schwer werden. Die Gang zum Supermarkt können sie sich freilich in aller Regel sparen. Tipp: Googlen. Es gibt sie, die exzellenten Kaffeequalitäten aus Brasilien – auch im Kaffeetrinkerland Deutschland.
Cup of Excellence
Über Jahre hinweg sind großartige Kaffees in Mischungen untergegangen, bei denen ein Konsumartikel erzeugt wird, der im besten Fall einheitlich trivial schmeckt und wenig Rückschluss auf die einzelnen Kaffeebauern oder die einzigartigen Geschmacksprofile zulässt, die in verschiedenen Regionen, Varianten und aus unterschiedlichen Klimaeinflüssen entstehen können. Das Cup of Excellence-Programm schlägt die Brücke zwischen dem Qualitätskaffeebauern und dem Qualitätshandel.
Was ist Cup of Excellence?
Der erste Cup of Excellence Wettbewerb fand 1999 in Brasilien statt. Die Amerikaner Susie Spindler und George Howell haben gemeinsam mit dem brasilianischen Kaffeeverband Brazil Specialty Coffee Association bis heute gültige Regeln für die Verkostung und Prämierung der allerbesten Rohkaffees eines Landes erstellt.
Der Cup of Excellence findet weltweit mittlerweile in zehn Anbauländern statt.
Der Ablauf. Jeder einzelne Kaffeebauer aber auch Plantagenbesitzer und Cooperativen können teilnehmen und Bohnen Ihrer Kaffeeernte einsenden.
In der 1. Runde erfolgt eine optische Kontrolle der Rohkaffeemuster. Sollte hier ein Fehler (Bruchbohnen, unreife oder sonstige Defekte) festgestellt werden, hat dieser Kaffee keine Chance in die nächste Runde zu gelangen.
In der 2. Runde wird eine nationale Jury den Kaffee verkosten. Sollte hierbei eine bestimmte Punktzahl (85 von 100) nicht erreicht werden, verlässt dieses Muster den Wettbewerb. Alle Kaffees, die über 85 Punkte erreicht haben, werden nun in ein kaffeegerechtes Lager gebracht. Hier werden diese Kaffees verwogen und Muster für die nächste Verkostungsrunde gezogen.
In der 3. Runde verkostet die nationale Jury erneut und vergibt wiederum Punkte. In dieser Verkostungsrunde werden die besten 90 Kaffees ausgewählt.
Um der internationalen Jury, die sich zumeist aus Importeuren und Spezialitätenröstern zusammensetzt, nun die allerbesten 60 Kaffees zu präsentieren, verlassen in einer 4. Runde weitere 30 Kaffees den Wettbewerb.
Innerhalb von vier Tagen verkostet die internationale Jury die Kaffees und vergibt wieder Punkte. Sollte ein Kaffee über 90 Punkte erreicht haben, erhält er den Titel „Cup of Excellence Gold Award“.
Maximal 45 Kaffees, die eine Punktzahl von mindestens 85 erreicht haben gelangen dann in die weltweite Internetauktion. Hier ersteigern Röster, Importeure und „Kaffeebegeisterte“ diese Kaffees, die zu Recht den Titel „Cup of Excellence“ tragen dürfen. Und so erhält der Kaffeebauer eine angemessene Entlohnung für seine mühsame Arbeit.