In der orientalischen Küche mit ihrer Vorliebe für fruchtig-pikante Geschmacksnoten spielt das Granatapfelkonzentrat eine besondere Rolle wie beispielsweise in würziger Sauce nebst Walnüssen zu geschmortem Geflügel wie Huhn oder Ente. Inder verwenden die getrockneten Kerne mit deren säuerlich-bitterem Aroma als Gewürz in Chutneys, Saucen, Backwaren und auch Currys. Über eine delikate, mit zarter Herbe unterlegte Süße verfügt ein Dattelstrudel auf einem Ragout aus Granatäpfeln und Orangen.

Zum Verfeinern von Eintöpfen sowie zum Marinieren von Fleisch und dem Mixen von Getränken eignet sich die Granatapfelmelasse, ein dickflüssiger Sirup, der durch das Einmachen von Saft und Zucker gewonnen wird. Solche Melasse ist fertig zu kaufen, läßt sich aber auch unkompliziert zu Hause herstellen: Ein Liter Granatapfelsaft mit 115 Gramm Zucker und vier Eßlöffel Zitronensaft in einem großen Topf verrühren und bei mittlerer Temperatur unter Rühren erhitzen, bis sich der Zucker vollständig aufgelöst hat. Dann die Flüssigkeit bei reduzierter Hitze etwa eine Stunde lang sirupartig auf etwa einen Viertelliter einköcheln.
Der Sirup aromatisiert Schaumweine und schmeckt bestens zu Wildgerichten, Pasteten, paniertem Fleisch.Ein leckeres Chutney hat die in der Türkei geborene und in London als TV-Köchin tätige Silvena Rowe in ihrem die Sinne anregenden Buch „Granatapfel, Sumach & Zitrusduft“ mit dem lockenden Untertitel „Die schönsten Rezepte aus der orientalischen Küche“ (AT-Verlag, 256 Seiten, wunderschöne Fotos, Euro 24,90) beschrieben.
Zutaten: 2 Granatäpfel, ausgelöste Kerne – 1 Orange, geschält, in kleine Stücke geschnitten – 2 El Orangensaft – 4 Frühlingszwiebeln, fein geschnitten – ¼ Tl Cayennepfeffer , ¼ Tl edelsüßes Paprikapulver, 1 rote Chili entkernt und fein gehackt, 3 El frische Minze fein gehackt, Salz, Pfeffer aus der Mühle. Zubereitung: alle Zutaten mischen, mit Salz und Pfeffer abschmecken. Raffiniert schmeckt ein Salat von rosa Grapefruit, Avocado und Granatapfelkernen, angemacht mit einer Marinade aus Olivenöl, Senf und Granatapfelmelasse.
Soufflé von Granatäpfeln
Zutaten: 2 frische Granatäpfel, 100 ml Grenadine, 125 ml Milch, 40 g Zucker, 10 g selbst gemachter Vanillezucker, 20 g Tapioka- oder Pfeilwurzelmehl, 20 g Butter, 2 Eigelbe, 3 Eiweiße, 12 Löffelbiskuits, PuderzuckerZubereitung: Die Milch mitsamt Zucker, Vanillezucker und Stärkemehl einmal aufkochen lassen, vom Feuer nehmen und Butter sowie Eigelbe unterrühren. Anschließend den steif geschlagenen Eischnee unterziehen und den Topf beiseite stellen. Nun eine feuerfeste Souffléform ausbuttern, mit Löffelbiskuits bedecken und mit Grenadine beträufeln. Die Hälfte der Soufflémasse darüber streichen, darauf eine weitere Schicht Löffelbiskuits platzieren, erneut Grenadine darüber fließen lassen und darauf schließlich die restliche Soufflémasse verteilen. Das Gemenge im vorgeheizten Backofen bei 180 Grad Celsius etwa 15 Minuten leicht überbacken, die Form heraus nehmen, die Hitze auf 125 Grad reduzieren, das Soufflé mit Puderzucker bestreuen und auf der obersten Einschubleiste wieder in den Ofen geben. Den Puderzucker bei Oberhitze kurz karamellisieren lassen, das fertige Soufflé mit Granatapfelkernen garnieren und servieren.
Granatäpfel sehen nicht nur hübsch aus und haben einen unverwechselbaren Geschmack, sie faszinieren auch durch ihre reiche Historie. Im alten Rom steckten sich junge unverheiratete Frauen kleine, aus Zweigen des Granatapfelbaums geflochtene Kränze ins Haar; davon versprachen sie sich Mutterfreuden. Auf die Fruchtbarkeit deutet auch die griechische Sitte hin, Hochzeitspaare mit Granatapfelkernen zu bewerfen. Die gleiche Symbolik steckt im Brauch, vor der Braut einen reifen Granatapfel auf den Boden plumpsen zu lassen, auf daß die Frucht beim Aufplatzen die Vielzahl ihrer Samen zeige. Und im Mythos von Persephone mußte Pluto die von ihm verschleppte Tochter der Fruchtbarkeitsgöttin Demeter auf Geheiß von Göttervater Zeus frei geben, doch der antike Totengott band die schöne Persephone für immer an sich, indem er ihr Granatapfelkerne zu essen gab. Seitdem darf Persephone nur drei Viertel des Jahres auf der Erde verbringen – die Wintermonate muß sie in der Totenwelt verharren.
Auberginen-Dip mit Granatapfelkernen
Für vier Personen werden vier große Auberginen benötigt (je etwa 350 g), die mit einem Messer mehrfach einen guten Zentimeter tief eingestochen und auf einem mit Alufolie belegten Backblech im Backrohr oder Grill unter mehrmaligem Wenden so lange geröstet werden, bis sie aufplatzen und zerfallen. Kurz abkühlen lassen, das Fleisch behutsam aus der schwarz gewordenen Haut lösen und etwa eine Stunde lang im Sieb abtropfen lassen. Den Fruchtbrei nun mit 5 Eßlöffel Olivenöl, 2 Eßlöffel Zitronensaft, je 2 El gehackter glatter Petersilie und Minze, 2 zerdrückten Knoblauchzehen sowie dem Abrieb einer Biozitrone gut verrühren, mit etwas Fleur de Sel und Pfeffer aus der Mühle abschmecken, bei Zimmertemperatur eine Stunde lang ziehen lassen und beim Anrichten mit den Kernen eines halben Granatapfels bestreuen.
Da in ihrer harten, holzigen Schale das Fruchtfleisch monatelang frisch bleibt, gehörte die Frucht zum typischen Proviant der Karawanen. Auf diese Weise breitete sie sich aus Persien, ihrer Heimat, bis nach Indien aus und weiter nach Nordafrika, Südeuropa sowie – im Zuge des spanischen Kolonialismus – nach Lateinamerika und in die Karibik. Mit ihrer sattroten Farbe, die gekocht in Pechschwarz umschlägt, wurden früher Teppiche gefärbt. Deswegen gilt noch heute:
Vorsicht bei der Zubereitung, der Saft hinterläßt sehr hartnäckige, so gut wie nicht entfernbare Flecken. Wer mit Granatäpfeln hantiert, sollte also die Schürze und Einweghandschuhe nicht vergessen.
Kenner kneten durch herrisches Rollen der Frucht auf hartem Untergrund die Schale weich, bis drinnen die Samenkapseln krachend platzen, stechen dann ein Loch hindurch und drücken sich den Saft direkt oder mittels eines Strohhalms in den Mund – oder man halbiert den Granatapfel und nutzt die Zitronenpresse. Zum Öffnen wird die Frucht in zwei Hälften geschnitten, aus denen sich die Kerne leicht mit einem Löffelchen heraus heben lassen. Das in den letzten Jahren stark gestiegene Interesse am Granatapfel hat auch mit der gesundheitlichen Wirkung zu tun. Über kaum eine andere Frucht gibt es mehr Studien – und sie alle bescheinigen der „Frucht der Götter“ einen hohen Wert. Der Granatapfel enthält mehr antioxidative Schutzstoffe als Rotwein oder grüner Tee. Diese Stoffe wehren aggressive Radikale ab, die für Herz, Gefäße und Nerven gefährlich sein können, und sie wirken positiv auf Kreislauf, Prostata sowie das Immunsystem. Der Granatapfel scheint die Cholesterinwerte günstig zu beeinflussen, es wird ihm ein blutdrucksenkender Effekt bescheinigt – und er steckt in Anti-Falten-Cremes. Kurzum: Punica granatum soll ein Wundermittel für Leib und Seele sein sowie ein wahres Aphrodisiakum obendrein. Das fühlten vielleicht die alttestamentarischen Dichter: Und das Mädchen will den Geliebten „tränken mit gewürztem Wein, mit dem Saft der Granaten.“ Auch Goethe und Schiller haben die Frucht bewundert, Oscar Wilde hat eine Sammlung von Erzählungen kurzerhand „Granatapfelbaum“ betitelt. Fünftausend Jahre Mythos, Kunst, Genuß und erotische Symbolik: kein Obst ist gehaltvoller als der Granatapfel, diese gekrönte Venusfrucht!
