Artischocken à la romana, grüner Tee im Maghreb, chinesische Suppentöpfe, vietnamesische Frühlingsrollen oder orientalisches Taboulé, der pikante Salat aus Couscous und Kräutern: Die ganze Welt kocht, mariniert und mixt mit Minze. Der erfrischende Geschmack verleiht zahlreichen Speisen ein besonderes Aroma. Die fein geschnittenen Blätter schmecken in der Suppe und im Eintopf, zu Kartoffeln und Gemüse. Eine Erbsensuppe wird durch Minze kulinarisch geadelt.
An heißen Sommertagen erfrischt das Kraut im Salat, der mit einem Dressing aus Zitronen- oder Limonensaft angerichtet wird. Die englische Minzsoße aus gehackten Blättern, Wasser, Zucker und Essig harmoniert mit Lamm, Geflügel oder Fisch. Das Fleisch lässt sich aber auch mit einer Mischung aus Minze, Joghurt, Zitronensaft, Petersilie, Knoblauch und Olivenöl marinieren. Die köstlichen Blätter verfeinern Obstsalate, Eis- und Schokoladendesserts, Sorbets sowie Kuchen. Die Minzgewächse sind eine muntere Kräutersippe, in der sich so ziemlich alle Sorten hemmungslos durcheinander lieben, was zu noch bunterer Nachkommenschaft und nicht nur bei Botanikern zu großer Verwirrung führt. Notiert sind mehrere hundert Arten und Formen, die sich nicht nur im Aussehen, sondern auch in Aroma und Duft voneinander unterscheiden.
Auch Köche und selbst Gemüsefrauen schlittern bei der präzisen Bestimmung der vielen Arten zwischen Pfeffer-, Zitronen-, Orangen-, Apfel-, Ananas-, Thai-, Acker-, Schoko-, Basilikum-, Muskat- und Kölnisch Minze irritiert umher wie Butter auf einem heißen Teller. Die Orangenminze ist beispielsweise an ihren zart lilafarbenen Stängeln erkennbar, die Blätter der Ingwerminze sind weich, oval und gelb gesprenkelt, die Apfelminze ist an rund gezähnten und wolligen Blättern identifizierbar. Nicht selten wird sogar Zitronenmelisse als Minze verkauft.
Allerdings gibt es eine Nasenregel: nahezu jede Minze, die wie Kaugummi oder Zahnpaste duftet, ist Pfefferminze, erkennbar auch an dunkelgrünen bis ins leichte Bläulichlila changierenden Blättern, den rötlichen Zweigen und eben ihrem eindringlichen bis starken, je nach Unterart sogar lautem Menthol-Aroma. Familiengeschichtlich ist die Echte Pfefferminze (Mentha piperita) ein sogenannter „Tripelbastard“: einer ihrer Eltern, die Ähren-Minze, auch Grüne Minze oder Waldminze genannt (Mentha spicata) ist selbst schon einer Vermischung entsprungen, nämlich der Liaison zwischen der etwas grobschlächtigen Roß- oder Langblättrigen Minze (Mentha longifolia) mit der Rundblättrigen Minze (Mentha rotundifolia), die im Handel auch als Apfelminze angeboten und von Bäckern gerne anstelle von Zimt zu Apfelkuchen genommen wird.
Aus der Partnerschaft mit der Wasser- oder Bachminze (Mentha aquatica) ist vor über 300 Jahren die Pfefferminze entstanden, die Bonbons aromatisiert, mit Schokolade überzogen wird, Gemüsiges sowie Salate würzt, Kompotte verfeinert, Sorbets schmückt und vor allem als Tee weltweit beliebt ist. Ihre Nase, Gaumen sowie Gemüt belebende Frische macht die Minze zu einem Star des Sommers – wie beispielsweise als gleichermaßen dekorierendes und würzendes Element einer geeisten Melonensuppe.Im Orient belebt ein Sträußchen Minze das Nationalgetränk in Form eines stark gesüßten Tees. Die Mint Sauce ist den Briten eine unentbehrliche Beigabe zum Lammbraten. Amerika hat die Welt mit Mint Jelly beglückt, den erfrischenden Pfefferminzgelees. Ein Klassiker der englischen Küche ist die Erbsensuppe mit Minze. Johann Lafer reichert eine Zucchinischaumsuppe – auf der Basis von Hühnerbrühe – mit Parmaschinkenstreifen und frischen Pfefferminzblättchen an.
Ernest Hemingway wiederum verbrauchte Unmengen für seinen Mojito, den legendären Cocktail aus kubanischem Rum, Limettensaft, etwas Rohrzucker, Eis und Sodawasser, serviert auf einem Büschel Minze, die zuvor mit einem Stößel zerdrückt wird, damit sie ihre köstlichen ätherischen Öle an den Drink abgibt, den der Schriftsteller besonders gerne und reichlich in der – heute noch existierenden – Havanna-Bar namens La Bodeguita konsumierte. Ein weiterer Rum-Cocktail, der Mai Tai, wird mit einem Zweiglein Minze dekoriert. Die kulinarische Bedeutung der Minze reicht also weit über den magenstärkenden und gallenfreundlichen Tee hinaus, der sich sowohl aus frischen wie auch aus getrockneten Pfefferminzblättern zubereiten läßt.
Köche empfehlen übrigens, frische Minzeblätter in warmen Speisen nicht lange mitkochen zu lassen, weil das Kraut leicht an Aroma einbüßt; hingegen bewahren getrocknete Minzeblätter auch beim Kochen ihre Würzkraft erstaunlich gut. Selbst das schlichteste Mineralwasser wird durch ein paar Minzestängel zum attraktiven Getränk erhoben. Daß zum Lammfleisch viel Minze gehört, weiß man. Aber weiß man auch, daß Käse, Erbsen, Kartoffel, Eier, Fisch, Couscous, Tomatensauce, Nudelgerichte, Quark, Hackfleisch, Vanilleeis, Obstsalat, Marmelade, Schokolade, Bowlen, Mixgetränke und zahlreiche andere Speisen durch Minze gewinnen, und daß der Gast, dem eine diskret mit Minze überhauchte Kartoffelsuppe aufgetischt wird, in ergebnisloses Grübeln verfällt, was in aller Welt denn das Besondere an dieser raffinierten Suppe sein könnte?In der Küche werden neben der Pfefferminze am häufigsten die duftige Grüne Minze sowie die Apfelminze verwendet. Kauft man getrocknete Pfefferminze, ist die „Mitcham-Minze“ aus England wegen ihres starken Aromas die beste Wahl. Wer für minzig parfümierte Speisen und Getränke über den Sommer hinaus gerüstet sein will, kann sich ruckzuck ein Pesto rühren: einen dicken Bund Minze mit gemahlenen Mandeln und entsprechend viel Olivenöl zu einer cremigen Paste rühren, mit Zitronensaft, Salz, Pfeffer sowie geschabter Zitronenschale würzen (wem das Minze-Aroma zu dominant ist, kann zusätzlich Petersilie einarbeiten). Das kühl aufbewahrte Pesto hält lange und eignet sich löffelweise zum Aromatisieren von Salaten, Eintöpfen, Saucen & Co bis hin zu Süßspeisen.
Offiziell ist die Pfefferminze erstmals 1696 als merkwürdig riechende Staude von Dr. Eales beschrieben worden, der sie in seinem Garten in Herfordshire gezüchtet hatte – ob bewußt oder durch Zufall, ist offen. Britische Seeleute schätzten die Pflanze hoch, denn zusammen mit Ingwer galt sie als bewährtes Mittel gegen die Seekrankheit. Zudem hielten ihre Blätter das Trinkwasser an Bord außergewöhnlich lange frisch. Die Kirche verbannte eine Zeit lang die Minze, weil sie als Geheimtipp für Abtreibungen benutzt wurde.
Die vielen Geschichten und Legenden von der Zauberkraft der Minze spiegeln sich auch im Mythischen: Menthe, die liebliche Nymphe, wurde die Geliebte von Hades, dem Gott der Unterwelt, dessen Gemahlin Persephone darob wutschnaubend die Nebenbuhlerin in kleine Stückchen zeriss und auf den Boden warf, woraus seither die Minzen als duftende Büsche sprießen.