22.12.2023
Ingo Schmidt

Lesedauer: 3 Minuten

Mär. / Apr. 2018

Galt der Harz, Deutsch­lands nördlichstes Mittel­ge­birge, lange Zeit als kulina­rische Diaspora, so ist in jüngerer Vergan­genheit durchaus von einer Aufbruchs­stimmung zu berichten. Vor allem im sachsen-anhal­ti­ni­schen Teil des Harzes schicken sich Spitzen­köche an, die Region dauerhaft als feine Genuss­adresse zu etablieren. Das mit fünf Sternen klassi­fi­zierte Hotel „Zu den Rothen Forellen“ im Luftkurort Ilsenburg am Fuße des Brockens zählt nicht nur für unser Magazin seit vielen Jahren zu den besten und verläss­lichen kulina­ri­schen Adressen Sachsen-Anhalts. Für mehrere Jahre war das Gourmet-Restaurant „Forel­len­stube“ lukul­li­scher Vorreiter und mit dem begehrten Michelin-Stern dekoriert. Kochgrößen wie René Bobzin, Axel Kammerl und Thomas Barth hatten die Auszeichnung für das seit 2010 zur Kollektion der „Privat­hotels Dr. Lohbeck“ (16 Privat­hotels in Deutschland, Öster­reich und den USA) gehörende Ostharzer Luxus­hotel erkocht und verteidigt. 

Nun startet seit Sommer 2017 ein neuer Küchenchef durch, es seinen hoch dekorierten Vorgängern im Landidyll am Forel­lensee gleich­zutun: Arne Aurelius Linke. Der 32-jährige Hamburger bringt jede Menge Sterne­er­fahrung und vor allem eine enorme Leiden­schaft und Talent mit, um das erklärte Ziel möglichst bald zu erreichen. Seine bishe­rigen Stationen führten ihn zu Sternekoch Christian Rach ins „Tafelhaus“ und zu Fritz Schilling in „Die Bank“ nach Hamburg. Er kochte an der Seite von Sternekoch Robert Stolz (heute Vier Jahres­zeiten Hamburg) in Plön und gemeinsam mit Sternekoch Jens Rittmeyer (heute im Hotel Navigare in Buxtehude) im Restaurant „Sao Gabriel“ an der Algarve sowie als Chef Garde­ma­nager mit Zweis­ter­nekoch Matthias Diether im „Töpferhaus“ und als Souschef im schwei­ze­ri­schen hauben­ge­krönten „Lenkerhof“. Das noble Fünf-Sterne-Landhotel am Forel­lensee wird vom öster­rei­chi­schen Direktor Valentin Fillafer seit Jahren vorbildlich und mit ganz viel Charme und Charisma geführt. Hier logierten Stars wie George Clooney und Matt Damon und ließen sich von dem zauberhaft roman­ti­schen Flair begeistern. 76 feine Zimmer und Suiten, dazu ein erstklas­siger „Forellen-Spa“ mit Indoorpool und großzü­giger Sauna­land­schaft sind von ausge­suchter Qualität, auch was die Verwöhn­of­ferten anbelangt.

Linkes fulmi­nantes Stubenmenü

Die Leucht­turm­funktion für die Hotel­lerie im Bundesland Sachsen-Anhalt ist in Fachkreisen unumstritten und nun haben die Verant­wort­lichen mit der Verpflichtung von Arne Aurelius Linke einen echten Glücks­griff gelandet. Während sich der hochver­diente Küchen­di­rektor Thomas Barth um die Gesamt­be­lange im schmucken Landhaus-Restaurant kümmert, widmet sich Linke in der nur mit vier Tischen ausge­stat­teten Forel­len­stube an vier Abenden in der Woche der „Grande Cuisine“. Die Genießer dürfen sich auf eine hoch aroma­tische Produkt­küche mit einem feinen Gespür für elegante und stimmige Geschmacks­bilder freuen. Die Saucen und Fonds sind von einer hinreißend komplexen Aromen­fülle. Linke zur Seite steht mit Maître Marcel Schmidt ein versierter Weinfachmann (zuvor u. a. bei Johann Lafer auf der Stromburg tätig), der profund aus der mit rund 180 Positionen bestückten Weinkarte berät.

Wir probierten das folgende Stubenmenü und sind sicher, dass Arne Aurelius Linke die kulina­rische Landkarte im Harz nicht nur berei­chern, sondern ganz maßgeblich prägen wird. Das von ihm selbst und der Direktion ausge­gebene Nahziel ist die Rückeroberung des Michelin-Sterns im Jahr 2018/19. SAVOIR-VIVRE macht den Anfang und erlaubt sich, ob der souve­ränen lukul­li­schen Exzellenz die Höchst­be­notung der drei Sonnen in der Kategorie „Ländlich-fein“ auszu­sprechen.

Bereits mit dem Apéro, bestehend aus „Rote-Bete-Macaron mit Crème fraîche von Rote Bete und geräu­chertem Herings­kaviar und zweierlei Esspapier“ demons­trierte Linke sein großes Kochtalent. Die hernach gereichten Amuses-Bouches waren schlicht superb und von einer meister­haften Aromatik. Zunächst brillierte Linke mit „Wachsei und Spinat­creme, Kartof­fel­schaum und Périg­ord­trüffel“ und anschließend mit „Krusten­tier­ge­würz­schaum­süppchen, Salzzi­trone, gepoppter Reis, blauer Hummer und Erbsen­k­resse“. Auch die dann aufge­tragene gebeizte Bernstein­ma­krele (Hamachi) mit den Kompo­nenten Avocado, Gurke und Ponzu war heraus­ragend und bot in Texturen und Techniken ein subtiles Zusam­men­spiel stimmiger Geschmacks­nu­ancen. Zum Zunge­schnalzen notierten wir das „Kalbs­bries mit Champignon (Espuma), roh mariniertem Wirsing, Schnitt­lauch und piemon­te­si­scher Haselnuss“. Erstklassige Produkt­qua­lität und ein Höchstmaß an kreativer Zubereitung attes­tieren wir dem „Island-Kabeljau“, der von frittierten Calama­retti, Varia­tionen vom Kürbis und einer feinst ausba­lan­cierten Tom Kha Gai (thailän­dische Hühner­suppe mit Kokos) eskor­tiert war. Einen erfri­schenden Zwischenhalt auf der fulmi­nanten Genuss­reise bot das „Yuzu-Granité“ mit Sake, Passi­ons­frucht und Vanille. Perfekt zubereitet war der „Salzwie­sen­lamm­rücken“ mit schwarzem Knoblauch, Tabouleh und Spitz­pa­prika. Erstklassig war die Käseauswahl vom Wagen von Affineur Waldmann aus Erlangen. Die Patis­serie unter­strich eindrucksvoll, dass Linke ein Großmeister der Desserts ist. Zunächst mit dem Pré-Dessert „Milcheis, gepuffter Milchreis, Johan­nis­beersud und Zitrus­kresse“ und zum Finale mit der aufwän­digen Kostprobe aus Ananas, Mascarpone, Erdnuss und Grünem Tee, darge­boten in über zehn verschie­denen Kompo­nenten. Wir ziehen den Hut und empfehlen allen Genießern, die „Forel­len­stube“ und Arne Aurelius Linke in ihrem Fahrtenbuch für das Jahr 2018 fest einzu­tragen.

Ingo Schmidt 

 

Kostproben

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