Schnecken: da geraten Gourmets wieder freudig aus dem Häuschen

Karl-F. Lietz

Lesedauer: 9 Minuten

 

»Schleimig, säumig, aber stete immer auf dem nächsten Pfad 
finden sie die Garten­beete mit dem schönen Kopfsalat« – Wilhelm Busch

Die Wiederkehr vollzieht sich leise, unspek­ta­kulär, auch langsam, aber beharrlich und mit dem für diese Weich­tiere angemes­senem Tempo. Schließlich ist die Weinberg­schnecke – so der populäre deutsche Name für die Helix pomatia – gleicher­maßen bekannt wie belächelt wegen ihrer notori­schen Behäbigkeit. In einer Stunde schafft das Tier eine Strecke von etwa vier Meter. Gourmets schätzen sie freilich als Delika­tesse, ob fein gehackt und in Blätterteig gefüllt, als Suppe, im Ofen gebraten oder auf griechische Art in Weinblätter gewickelt, auf dem Grill geröstet, paniert und mit Chili-Dip serviert, angerichtet auf Papri­ka­schaum oder puris­tisch im Dutzend aufge­tischt mit einer würzigen Knoblauch-Kräuter-Butter – à la bourgu­i­gnonne genannt als Huldigung an Burgund, wo Schnecken zur bürger­lichen Leibspeise zählen. So ein Pfännchen gebra­tener und herzhaft gewürzter Escargots läßt kein Franzose stehen. Besonders melodisch klingt es, wenn der Italiener seine Weinberg­schnecken bestellt: »Chioc­ciole«.

Im Mittel­alter wurden Schne­cken­ge­richte auch nördlich des Alpen­haupt­kammes zunehmend beliebt, vor allem geist­liche Herrschaften schätzten das Fleisch als willkommene Überbrü­ckung der vielen Fasten­zeiten nach dem liberalen Motto »Lieber einen Schneck als gar keinen Speck.« Eßfreudige Theologen hatten kurzerhand findig verfügt, daß Schnecken nicht aus Fleisch, sondern komplett aus Eiweiß bestünden. Da die starke Nachfrage allein durch das Aufsammeln wild lebender Tiere nicht mehr gedeckt werden konnte, gab es große Zucht­be­triebe, speziell in den Regionen um Fulda und Ulm. Die Geschichte wiederholt sich. Weil die Weinberg­schnecke als kulina­risch wertvollste der Art vielerorts vom Aussterben bedroht ist und unter Natur­schutz steht, erlebt die Schne­cken­zucht inter­na­tional eine Renais­sance. Der massive Einsatz von Dünge- und Schäd­lings­be­kämp­fungs­mitteln, generell die Umwelt­ver­schmutzung sowie die Zersie­delung der Natur machen den Schnecken das Leben in der freien Natur schwer.

Wien war bis Anfang des 20. Jahrhun­derts eine Hochburg für Schne­cken­lieb­haber, die »Wiener Auster« ist von sogenannten »Schne­cken­weibern« auf Märkten in Tüten verkauft worden wie anderswo Fritten oder im Winter die gebra­tenen Eßkas­tanien. Heute züchtet Andreas Gugumuck in größerem Stil Weinberg­schnecken und hat sich auf zwei besondere Produkte spezia­li­siert: die etwa erbsen­große Leber sowie die Eier von der Schnecke (www.wienerschnecke.at), letztere poetisch auch Schne­cken­perlen oder euphe­mis­tisch Schne­cken­kaviar genannt. Mit dem wahren Kaviar vom Stör haben die milchig-weißen Schne­ckeneier, jedes um die drei bis dreieinhalb Gramm wiegend, nichts gemein; sie ähneln in der Konsistenz Forel­len­eiern und schmecken wie eine Mischung aus Moos, Radieschen, frischen Mandeln, Wiesen­kräutern und etwas Estragon nebst einem Hauch von Weihrauch.

Jean Philippe Rousseau, der auf seiner Farm in der Charente rund eine Million Schnecken züchtet, nennt die aus der Erde gebud­delten, gewaschenen, in Meersalz einge­legten und schließlich in Dosen gefüllten Schne­ckeneier »Perles de France«; die seien reine Natur, sagt Rousseau, nicht mit Trüffel, Zitrone, Gewürzen oder Mande­l­essenz aroma­ti­siert wie bei anderen Züchtern.

Solche Schne­ckeneier aus franzö­si­scher Zucht hatte bereits vor 30 Jahren ein deutscher Weinhändler im Angebot, das Kilo für 3 000 Mark. Alain Chatillon, ein umtrie­biger Franzose mit Sinn fürs Marketing, hatte die Delika­tesse, die bis dahin von niemandem vermißt worden war, angeblich in Tibet entdeckt, wo sie von Mönchen auf goldenen Tellern als Opfer­speise darge­bracht worden sei – ein Ritual, das Landes­kennern aller­dings nicht geläufig ist. Egal,
beim Premie­renmenü am 18. Februar 1986 in der Wiesba­dener »Ente vom Lehel« saß die Haute­volee der deutschen Gastro­kritik am Tisch, angeführt von Angelika Jahr (»Kavier ist mir lieber«), der damaligen Chefre­dak­teurin des »Essen-und-trinken-Magazins«. Hans-Peter Wodarz, als Entenchef ein genialer Showman, hatte den majes­tä­tisch »Oeufs d’Escargot Royal Brut« genannten Eierchen ein komplettes Menü gewidmet. Die Eier wurden auf Kartof­fel­küchlein serviert, sie fanden sich in der Sauternes-Sauce zum Hummer sowie in der Papri­ka­sauce zum Barsch, mit ihnen war das Kalbs­filet gefüllt. Aber die Nachfrage lahmte, erst Jahre später begeistern sich Gourmets zumal in Frank­reich an der teuren Rarität.

Schnecken in Gewürz­tra­miner:

Das Gericht mit küchen­fer­tigen Schnecken aus Glas oder Dose hat der wunderbare, dem Leben sehr zugeneigte Klaus Trebes (1947–2011) entwi­ckelt, ehedem exami­nierter Jurist, Revolu­tionär, Autor und Gastronom in Frankfurt mit dem Restaurant »Gargantua« als zentraler Küche, um einen Vorwand für eine gute Flasche Gewürz­tra­miner zu haben:

Eine kleine Selle­rie­knolle, das Herz eines Stangen­sel­leries, 1 Peter­si­li­en­wurzel, 2 Karotten, 6 Schalotten und 3 Knoblauch­zehen zu einer feinen Brunoise schneiden, also in feinste Würfelchen. In 3 Löffeln Butter andünsten. Dabei öfters umrühren, damit nichts anbrennt. 2 dl Gewürz­tra­miner, 2 dl Geflügel- oder Kalbsfond und die Schne­cken­brühe angießen. Zu einer Sauce einkochen lassen und mit etwas Mehlbutter und 1 dl süßer Sahne binden. Die abgetropften Schnecken, pro Person 8 bis 12 Stück, in etwas Butter mit fein gehacktem Knoblauch, Peter­silie und Thymian anbraten, salzen und gut pfeffern. Mit einem Gläschen Marc de Gewürz­tra­miner ablöschen und mit der Sauce aufgießen. In Suppen­tellern sehr heiß servieren. Dazu esse ich Weißbrot und trinke die restliche Flasche Gewürz­tra­miner.

In den Küchen mediter­raner Regionen wie Südfrank­reich, Italien, Spanien, Portugal, Griechenland und hier insbe­sondere Kreta mit seinen Klöstern und Mönchen wird der Schnecke tradi­tionell ein hoher Stellenwert beigemessen. Von deutschen Speise­karten war die Schnecke in den letzten vier Jahrzehnten nahezu verschwunden, ausge­nommen das kulina­risch eng an Frank­reich orien­tierte Baden. Die in den 60er- und 70er-Jahren des vorigen Jahrhun­derts sehr beliebten – und als Ausweis einer nach dem Krieg neu erwachten feinschme­cke­ri­schen Lebensart angese­henen – Schnecken nach Burgun­derart (im eigenen Gehäuse grati­niert und mit Kräuter­butter in einem spezi­ellen Pfännchen nebst Schne­cken­zange angerichtet) wurden durch die neue Küchen­welle namens Nouvelle Cuisine ins Abseits gedrängt. Carpaccio & Co trium­phierten über Schnecke, Toast Hawai, Ragout fin, das Mayon­naise-Ei und weitere kulina­rische Ikonen aus den 60ern.

Weil Gutes Bestand hat und die Moden überdauert, war es freilich nur eine Frage der Zeit, bis es die Schnecken auch in Deutschland und Öster­reich erneut auf die Speise­karten schafften. Zwar sind die wenigen Tonnen Schnecken, die der deutsche Gourmet im Jahr verzehrt – exakte Zahlen liegen nicht vor – , bescheiden gegenüber den vielen Tausenden von Tonnen, die von Franzosen verputzt werden. Dort sind die Tierchen gastro­no­mi­sches Kulturgut. Auch die Portu­giesen essen – nebst Stock­fisch – Schnecken für ihr Leben gern. Aber der Trend zeigt inter­na­tional und speziell auch in deutschen Küchen deutlich nach oben. Immerhin gibt es bundesweit bereits an die zwei Dutzend Schne­cken­gärten, in denen die Helix pomatia gezüchtet und in vielerlei Form vermarktet wird: lebend frisch vom Feld, in Gemüsesud gar gekocht und schock­ge­frostet, küchen­fertig eingelegt im Glas oder zubereitet als Pastete, Schne­cken­wurst, Suppe und Brotauf­strich bis hin zu Filet genannten Streifen in Gemüse­brühe.

Rita Goller, Züchterin auf der Schwä­bi­schen Alb, spricht von ihren Schnecken gleicher­maßen stolz wie zärtlich als »schwä­bi­scher Auster« (www.albschneckler.de). »Ich mag sie sehr gerne, lebendig und auf dem Teller«, sagt Monika Merkle, die bei Ulm eine Schne­ckenfarm betreibt (www.schneckenzucht.de). Erfolg­reich ist auch Angelika Dickel, die erst als Baufüh­rerin bei der Ruhrkohle arbeitete und vor elf Jahren eine Schne­cken­zucht im nieder­rhei­ni­schen Moers aufbaute (www.grafschafter-weinbergschneckenzucht.de). »Barfuß oder Lackschuh, entweder ich mache es richtig oder gar nicht« sagte die resolute Schne­cken­kö­nigin und entschied sich, beraten auch von Biologen und nach Studien in Frank­reich, für die echte Weinberg­schnecke in natür­lichem Umfeld, also auf Feldern mit Brennesseln, Gewürzen, Mangold, Kohl, Klee, Raps, Kräutern, Salaten und Beeren – im Gegensatz übrigens zu anderen Betrieben wie solchen im Ausland, wo die Schnecken in Ställen vor allem mit Kraft­futter aus Maismehl, Soja und Getrei­de­sorten hochge­päppelt werden.

Nach drei Jahren, die Weinberg­schnecken im Schnitt brauchen, um sich ihr Ideal­ge­wicht von etwa 45 Gramm anzufuttern, werden sie dem Schla­raf­fenland entnommen und erst einmal eine Woche lang zur Reinigung des Verdau­ungs­traktes auf Nulldiät gesetzt, auch einer Salat- und Kräuterkur ausge­setzt, um etwaige unerwünschte erdig-moosige Geschmacks­noten zu elimi­nieren, bevor sie entweder lebend verkauft oder gekocht und weiter verar­beitet werden. Im Gegensatz zu diesen Bio-Schnecken sollte bei impor­tierter Konser­venware darauf geachtet werden, daß es sich wirklich um Weinberg­schnecken handelt. Unlautere Händler bieten unter dem edlen Titel oder phanta­sie­vollen Namen die Helix lucorum oder Cornu aspersum genannte, schnell wachsende Art an. Auch die ursprünglich aus Afrika stammende, bis zu 25 Zenti­meter lange und fade, ja zäh schme­cken­de­Achat­schnecke wird von Schummlern gerne zerschnippelt und küchen­fertig im Gehäuse von Weinberg­schnecken vermarktet. Kenner lassen keinen Zweifel daran, daß allein der Helix pomatia, auch Escargot de bourgogne genannt, der Ruhm gebühre, die Schnecke mit dem feinsten Aroma zu sein. Keine andere Art verfüge über diesen festen, appetit­lichen Biß und den zarten Geschmack, der an Kalbfleisch, Nüsse und ein wenig an Pilze erinnere (gehandelt werden Weinberg­schnecken übrigens zu Preisen zwischen 40 und 50 Cent pro Stück).

Das Gros der Schnecken wird vorge­kocht und tiefge­froren oder eingelegt in Dosen bezie­hungs­weise Gläsern angeboten. Das ist praktisch, denn in der privaten Küche ist die Zubereitung eine arbeits­in­tensive und langwierige Prozedur. Lebende Schnecken müssen mehrmals gewaschen werden, und nach dem dreimi­nü­tigen Kochprozeß gilt es, deren Darm zu entfernen. Danach folgt in der Regel eine mehrstündige Garung in einem Sud aus Weißwein, Gemüse­brühe, Zwiebel, Wurzelwerk, Kräutern und Gewürzen, bevor sie speise­mäßig verar­beitet werden können. Präpa­rierte Schnecken, denen übrigens nichts Schlei­miges mehr anhaftet, lassen sich vielfältig zubereiten. Weil Schnecken allein nicht gerade über einen ausge­prägten Geschmack verfügen, bedürfen sie einer durchaus kräftigen Aroma­ti­sierung.

Raffi­niert in diesem Sinne ging Harald Wohlfahrt vor, der ehemalige Dreis­ter­nekoch aus der »Schwarz­wald­stube« des Hotels Traube im badischen Baier­s­bronn. Für sein »Schne­cken­ragout mit Knoblauch­c­routons, krossem Speck und Peter­silien-Emulsion« werden die Schnecken samt Gehäuse kurz in Salzwasser gekocht, dann mit Thymian, Lorbeer, weißem Pfeffer, Knoblauch und Peter­silie in einem Geflü­gelfond fertig gegart und schließlich in Butter zusammen mit klein­wür­felig geschnit­tenen Schalotten und Knoblauch sowie Pfiffer­lingen und Peter­silie drei Minuten lang gedünstet. Das Gemenge bettet der Meister auf einen Peter­si­li­ensaft und schichtet darüber eine hauch­dünne, knusprig gebratene, mosaik­artig zusam­men­ge­setzte Decke aus Kartoffel und Speck. Auch Joachim Gradwohl, der öster­rei­chische Spitzenkoch, weiß, was den Weinberg­schnecken gut tut. Er wickelt sie nach dem Braten in ein Kohlblatt – immerhin deren Lieblings­speise – , würzt und serviert sie auf einer geschmeidig gerührten Rotwein­butter.

Berühmt ist das Casso­lette von Schnecken, das Paul Bocuse in seinem Gastro-Tempel nahe Lyon zubereitete. Von moder­neren Zeiten jenseits der Kräuter­schnecken kündet ein Risotto Milanese mit Weinberg­schnecken. Für vier Personen werden benötigt: 40 küchen­fertige Schnecken, 350g Risot­toreis, 2 Schalotten, Butter, 250 ml trockener Weißwein, Fleisch­brühe, 1Tl Safran­fäden, gerie­bener Parmesan nach Belieben, Salz, weißer Pfeffer aus der Mühle. Daraus wird ein klassi­sches Safan­ri­sotto zubereitet, während die Schnecken in etwas Butter in einer Pfanne erwärmt werden. Das fertige Risotto in vorge­wärmte tiefe Teller füllen und darauf die Schnecken drapieren. Einfach zuzube­reiten und köstlich schmecken Schnecken in Safran­sauce: für vier Personen zwei kleine Döschen gemah­lenen Safran in 50 Gramm Butter leicht erwärmen, 24 gekochte Schnecken dazu geben, mit einem Viertel­liter Weißwein ablöschen, eine halbe zerdrückte Knoblauchzehe, Salz und Pfeffer hinzu­fügen, nach Gusto auch einen Schuß Noilly Prat, alles etwas einkö­cheln, mit cirka einem Achtel­liter Sahne binden, abschmecken und mit Reis servieren.

Originell und in die Sommer­saison passend sind Schne­cken­spieße vom Grill. Dazu braucht man pro Spieß drei küchen­fertige Schnecken und drei Scheiben dünn geschnit­tenen Bauch­speck, des weiteren Kirsch­to­maten, frischen Rosmarin, würfelig geschnit­tenen Paprika, Olivenöl, gewäs­serte Holzspieße und natürlich einen Holzkoh­le­grill. Den Rosmarin in Olivenöl kurz weich­garen. Jede Weinberg­schnecke mit jeweils ein bis zwei Rosma­rin­nadeln in Speck einrollen und abwech­selnd mit Kirsch­to­maten und Papri­ka­würfeln auf die Holzspieße stecken, alles mit Olivenöl bestreichen und grillen, bis der Speck knusprig ist. Als exquisite Speise gelten Schnecken, gebraten im Verein mit Stein­pilzen oder zubereitet als Ragout à la borde­laise: mit Tomaten, Rotwein und Speck.

Umstandslos gekocht ist eine Suppe für vier Personen: 3 Eßlöffel Speck­würfel, 6 Knoblauch­zehen und 2 mittel­große Schalotten klein hacken und in einer Liaison aus Butter und Olivenöl anbraten. Etwa 20 klein geschnittene Weinberg­schnecken hinzu­fügen und kurz mitbraten, bis alles glasig glänzt. Nun mit einem Viertel­liter Weißwein ablöschen und mit einem halben Liter Schne­ckensud (gibt es in Gläsern) oder ersatz­weise mit Gemüse- oder Fleisch­brühe aufgießen – etwas köcheln, doch nicht mehr kochen lassen. Drei Eigelb mit einem Becher Sahne verrühren und hinzu­fügen, des weiteren einen Becher Crème fraîche behutsam unter­rühren, mit Salz, Pfeffer aus der Mühle und einer Prise Muskat abschmecken. Schließlich weitere 20 küchen­fertige Weinberg­schnecken hinzu­fügen und alles bei gelinder Hitze noch einige Minuten lang ziehen lassen. Als Einlage eignen sich kroß geröstete Weißbrot­würfel, geschmückt mit gehackter Peter­silie.

Schne­cken­salat mit Schinken:

Zutaten, berechnet als Vorspeise für vier Personen: 400 g frisch gekochte Schnecken; 4 mittel­große Tomaten mit Geschmack; Salate der Saison (z.B. Eisberg, Feldsalat, Frisée, Endivie, Chicoree & Co); 175 g Schinken à la Parma, San Daniele, Bellota vom Iberico-Schwein; Salz, Pfeffer, Dijon-Senf, Olivenöl, Sherry-Essig.
Für den Peter­si­li­ensaft: 10 g Peter­silie, blanchiert; 20 g Spinat, blanchiert; 1/2 Liter Gemüsefond; 2 Gelati­ne­blätter, 10 g Olivenöl; Salz, Pfeffer.

Zubereitung: Die Tomaten häuten, entkernen und würfeln. Die Blatt­salate etwas kleiner zupfen. Aus Olivenöl und Sherry-Essig (im Verhältnis drei zu eins) mit einem Teelöffel Dijon-Senf eine Vinai­grette rühren und über die Salat­blätter geben. Peter­silie und Spinat im Mixer pürieren und passieren. Den Saft mit der einge­weichten und ausge­drückten Gelatine sowie dem Olivenöl binden, abschmecken und die abgetropften Schnecken damit überziehen – nappieren nennt das der Fachmann. Mit Hilfe von vier recht­eckigen Teigformen den Salat anrichten: zuerst die Tomaten in die Formen legen, danach die Salat­blätter und die Schnecken einschichten und mit den Schin­ken­scheiben belegen. Nun die Reifen abziehen und die Teller mit einigen weiteren Schnecken sowie etwas Peter­si­li­ensaft garnieren.

Erlesene Raffi­nesse bietet die Kombi­nation von Hühnerei mit Schnecken und deren Eiern. Zutaten (für vier Portionen): 24 gekochte Weinberg­schnecken, 25 bis 50 Gramm Schne­ckeneier, Olivenöl, Apfel­essig, eine Frühlings­zwiebel, zwei bis drei Sardel­len­filets in Öl, vier Hühnereier, Peter­silie. ein Eßlöffel Meerrettich, Salz, Pfeffer. Zubereitung: Die Sardel­len­filets musartig zerdrücken, die Frühlings­zwiebel sowie die Schnecken in dünne Streifen schneiden, alles mit Essig, Öl und den Gewürzen zu einem Salat vermengen. In der Zwischenzeit die Hühnereier drei, vier Minuten lang wachs­weich kochen, schälen, vierteln und auf dem Schne­cken­salat anrichten, mit Salz und Pfeffer abschmecken. Die Schne­ckeneier darüber verteilen, mit Peter­silie hübsch drapieren.

Was dem Feinschmecker konve­niert, gefällt auch Ernäh­rungs­wis­sen­schaftlern. Weil das Fleisch der Schnecke besonders fettarm, eiweiß­reich und zudem leicht verdaulich ist, wird es seit altersher als ideale Kranken- und Fastenkost angesehen. Drei Schnecken wiegen etwa 100 Gramm und decken die Menge der von der Weltge­sund­heits­or­ga­ni­sation empfoh­lenen Tages­zufuhr an Omega-3-Fettsäuren. Sebastian Kneipp (1821–1897) hat die Schnecke als Fitneß­speise gerühmt und seinen Patienten neben den Wasser­kuren folgendes Salat­rezept verschrieben: »Das Fleisch kochen, zerschneiden, mit hart gekochten Eiern und Zwiebeln in Essig und Öl fein vermengen.« Im 19. Jahrhundert, als der Wasser­doktor wirkte, galten Schnecken noch als volks­tüm­liches Lebens­mittel, auch als Speise für arme Leute. Ausgra­bungen belegen, daß die Mollusken schon in der Altsteinzeit den Menschen als Nahrung dienten. Die antiken Römer waren geradezu versessen auf deren zartes Fleisch; betuchtere Bürger hielten sich private Schne­cken­gärten mit eigenen Hirten, die für eine Mast aus Milch, Kräutern und mit Most getränktem Mehl sorgten.

 

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