Genuss aus der Bohne

10.03.2024
Ruediger Albert

Lesedauer: 4 Minuten

Sept. / Okt. 2018

Was dem Champa­gner­freund „Krug Grande Cuvée“ bedeutet, ist für den Kaffee­lieb­haber der „Jamaica Blue Mountain“. Beide sind Spitzen­pro­dukte ihrer Klasse. Doch – und so geht es nun mal mit dem alles Überra­genden – nicht alle Genießer sehen das so.

Das karibische Edelge­tränk bestätigt diese Erfahrung. Die einen feiern „die milde Säure und das subtile Aroma“, die anderen strafen den 70 Euro pro Pfund teuren Kaffee mit Verdammnis: „wenig Aroma, kaum Fülle“. Der Dreigro­schen-Munter­macher von einst ist zum hochge­schätzten Szenege­tränk nicht nur des Business­nach­wuchses aufge­stiegen und in den Mittel­punkt eines Kultes geraten. Bei dem es – ähnlich wie bei Weinen – auf ausge­feilte Aromen, subtile Feinheiten und große Lagen ankommt – zelebriert in mittler­weile unzäh­ligen zeitgeist­gemäß gestal­teten Kaffeebars.

Deutsch­lands Kaffee­röster bieten – neben den üblichen wenig geschmack­vollen Mischungen verschie­dener Kaffees – durchaus sorten­reine Quali­täten von Bohnen aus exoti­schen Gefilden an. Der aus diesem Rohstoff gewonnene Kaffee wird gelobt wegen seiner Fülle und seiner ausge­wo­genen Säure. Ganz oben auf der Liste der hochge­schätzten Quali­täts­sorten steht der Arabica-Kaffee.

In Jamaika werden die Arabica-Sträucher zwischen 910 Metern und 1700 Metern Höhe gepflanzt. Das Anbau­gebiet umfasst gerade mal 6000 Hektar. Die Regionen über 1700 Metern sind dicht bewaldet und werden als Forst-Reservat bewahrt. Nebel, kühle Tempe­ra­turen und reichlich Regen sind in den Blue Mountains die Haupt­fak­toren für ein beson­deres Klima, wodurch die Kaffee­kir­schen wesentlich langsamer wachsen als zum Beispiel in Brasilien oder in Vietnam.

Durch die natürlich bedingte lange Reifezeit entsteht ein spezi­elles Aroma mit Wieder­erken­nungswert. Die außer­ge­wöhn­liche Würze, geringe Ertrags­menge sowie Handpflü­ckung und Spezi­al­ver­pa­ckung in Holzfässern machen den „Jamaica Blue Mountain“ zu einer der teuersten Kaffee­sorten weltweit und er gehört mit einigen wenigen anderen Kaffee­sorten zur obersten Kategorie der Kaffee­spe­zia­li­täten.

Der teuerste Kaffee der Welt

Noch zu Beginn dieses Jahrtau­sends war zumindest die Preis­ge­staltung dieses edlen Kaffees unange­fochten. Doch dann stellten Jack Nicholson und Morgan Freeman in dem Film „Das Beste kommt zum Schluss“ ihre Bucket List vor. Und die Welt des Kaffees geriet ins Wanken. Denn auf der Liste der Dinge, die jeder gestandene Mann gemacht haben muss (!), bevor er den Löffel abgibt, steht „Kopi Luwak“. 

„Kopi Luwak“ avancierte zum teuersten Kaffee der Welt. Der Preis für ein Pfund variiert von mindestens 300 Euro bis 600 Euro, je nach Saison und Verfüg­barkeit. Man konnte dem Hype um „Kopi Luwak“ kaum entkommen und jeder, der auch nur das leiseste Interesse an Gourmet-Kaffees verspürt, hat schon von der kontro­versen Kaffee-Sensation aus Indonesien gehört. Die roten Kaffee­bohnen werden von einer Schleich­katze gefressen, verdaut, ausge­schieden und dann einge­sammelt.

Während sich die einen vor Ekel schütteln, attes­tieren andere dem Katzen-Kaffee einen einzig­ar­tigen Geschmack: Die Enzyme im Verdau­ungs­trakt der Schleich­katzen spalten die Kaffee-Proteine auf und sorgen dafür, dass der bittere Bohnen­ge­schmack ein weicheres, runderes Aroma­profil bekommt. Damit aber noch nicht genug, denn die Kaffee-Welt wankt immer noch.

Einer der Nachteile bei der Herstellung von „Kopi Luwak“ ist, dass die nacht­ak­tiven Schleich­katzen doch recht zierlich sind und daher auch wenig ausscheiden. So wird das Füllen von Kaffee­säcken mühsam und zeitauf­wendig. Klar, es war nur eine Frage der Zeit, bis einer auf die Idee kam, einfach ein deutlich größeres Tier mit roten Kaffee­kir­schen zu füttern: Manege frei für „Black Ivory Coffee“.

Die Rohkaf­fee­bohnen, die in einer Höhe von 1500 Metern wachsen, werden nun gepflügt und dann dem Futter von Elefanten beigemischt – in Thailand. Die Ausbeute ist damit deutlich reich­hal­tiger als bei den kleinen Katzen. Doch wer jetzt die Nase über das elefantöse Kaffee­projekt rümpft, sollte wissen, dass der Genuss von „Black Ivory Coffee“ einer guten Sache dient. Die tierische Veredelung findet in der „Golden Triangle Asian Elephant Foundation“ statt, einer Einrichtung, die schon über 30 Elefanten gerettet hat und arbeits­losen Mahouts (Elefan­ten­führer) und deren Familien eine neue Pespektive ermög­licht. Acht Prozent der Erlöse überweist die Anantara-Hotel­gruppe an die thailän­dische Stiftung.

Eine Tasse mit dampfendem Elefanten-Kaffee wird Gästen in den Anantara Hotels auf den Malediven im Rahmen einer beson­deren Zeremonie einge­schenkt. Die Bohnen werden am Tisch frisch gemahlen und das Mehl direkt aufge­brüht. Wer beim Preis von 38 Euro die Tasse auf den Geschmack kommt, denkt an die Lieben zu Hause und deckt sich gleich mit einem Kilo des edlen Stoffs ein. Für den Spaß werden 850 Euro pro Kilo fällig, in Anbetracht des Tassen­preises geradezu ein Schnäppchen.

Rüdiger Albert 

 

 

Große Fülle, feine Säure und Würze: Worauf es ankommt, wenn der Kaffee schmecken soll

Die Pflanze:

Der Kaffee­strauch gedeiht in tropi­schen und subtro­pi­schen Breiten in rund 70 Ländern. Premi­um­qua­li­täten wachsen ausschließlich in Höhen­lagen zwischen 600 und 2000 Metern.

Die Ernte:

Kaffee­kir­schen benötigen eine außer­or­dentlich lange Reifezeit (Blüte bis Ernte) von sechs bis neun Monaten. Da der Reife­prozess ungleich­mäßig verläuft, dauert auch die Kaffee­ernte mehrere Monate. Für die besten Kaffees werden nur die leuchtend roten Kirschen mit der Hand gepflückt. Das süße Frucht­fleisch umgibt eine Perga­ment­hülse, in der sich die beiden Samen, die eigent­lichen Kaffee­bohnen, befinden. Nach der Ernte werden die Bohnen aus ihrer Umhüllung gelöst. Für diesen Prozess gibt es zwei unter­schied­liche Methoden: die trockene und die nasse Aufbe­reitung. Bei teuren Hochland­kaffees wird prinzi­piell die sehr aufwändige nasse Aufbe­reitung angewendet, weil der dabei anfal­lende Fermen­ta­ti­ons­prozess für Aroma und Geschmack von entschei­dender Bedeutung ist.

Das Rösten:

Die rote Bohne ist hart und schmeckt erdig. Erst beim Rösten entsteht das gewohnte Kaffee­aroma. Der Rohkaffee wird in kleinen Chargen in einer Rösttrommel bei 200 bis 220 Grad Celsius gewälzt. Die Zellstruktur verändert sich, die Bohne verliert Feuch­tigkeit und bläht sich bis auf das Doppelte ihres ursprüng­lichen Volumens auf. Die chemi­schen Reaktionen im Inneren der Bohne bewirken, dass flüchtige in Öl gebundene Aromen an die Oberfläche treten und wahrnehmbar werden. Experten unter­scheiden sechs Röstgrade: von hellbraun (Amber) bis sehr dunkel (French). Generell gilt: helle Röstgrade verstärken die feine Säure im Kaffee. Eine dunklere Röstung (typisch für Espresso) verringert die Säure, betont die Fülle.

 

 

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