Sorgfältig gebettet in Körbchen locken sie im Supermarkt: kauf mich! Pflücke mich, scheinen sie, rot, grün, gelb und schwarz blinkend, im Wald, an Feldrainen und aus dem Unterholz zu schmeicheln.
Beeren: eingefangene Sonne voll natürlichem Wohlgeschmack und erzgesund, weil reich an Vitaminen, Mineralien und Ballaststoffen. Allein die schwarze Johannisbeere enthält viermal so viel Vitamin C wie Orangen. Jede Beere ist eine kleine Apotheke, ob klassisch heimisch à la Him‑, Erd‑, Stachel‑, Brom‑, Preisel‑, Heidel‑, Vogel‑, Holunder‑, Els- und Maulbeere, Sanddorn oder exotisch wie die nordische Moltebeere, die Andenbeere, asiatische Goj, nordamerikanische, mit der Preiselbeere eng verwandte Cranberry, die Acai aus Brasilien, die importierte Aronia, inzwischen auch als „sächsische Gesundheitsbeere« bekannt. Komplettiert wird der beerige Kosmos durch Züchtungen wie die Loganbeere oder die Taybeere (beide eine Liaison aus Him- und Brombeere) oder die aus schwarzer Johannisbeere und Stachelbeere hervorgegangener Jostabeere – aus Logan‑, Him- und Brombeere ist bereits 1925 die sehr süße Boysenbeere entwickelt worden.
Die intensiven Farben signalisieren, dass Beerenfrüchte reich an Flavonoiden sind, also an natürlichen Farbstoffen, die im Körper antioxidative Wirkungen ausüben und vor Schäden durch Sauerstoffradikale schützen. Die in der freien Natur oder im heimischen Garten geernteten Früchte schmecken intensiver und enthalten in der Regel mehr gesunde Wirkstoffe als die in Plantagen gezüchteten, oft übernatürlich groß geratenen Beeren.
Einkauf
Beim Einkauf sollte man auf Frischezeichen achten: prall und glänzend müssen sie sein. Eine schrumpelige Oberfläche oder gar Schimmelansatz deuten auf überalterte Ware hin. Beeren sind sehr druckempfindlich und wollen vorsichtig transportiert werden. Zu Hause werden sie am besten kühl gestellt oder – noch besser – gleich gewaschen und verzehrt beziehungsweise zu Marmelade, Gelee, Kompott und Chutney verarbeitet oder sauer eingelegt. Sie reichern Bowlen an, geben Müslis, Kaltschalen, Obstsalat und vor allem Saucen das raffiniert süßsäuerliche Aroma, sind unentbehrlich im Rumtopf, für rote sowie grüne Grütze und bei vielen Desserts vom gefüllten Pfannkuchen und Soufflés über Strudel und ein Beeren-Gazpacho bis hin zu einem leckeren Himbeerschaumtörtchen.
Zubereitung
Zwar sind Beeren keineswegs auf prächtige Inszenierungen angewiesen; schon ein wenig Zucker und ein paar Tropfen Zitronensaft oder echter Balsamessig – je nach Beerensorte vielleicht ergänzt um einige Körnchen frisch gemahlenem Pfeffer – genügen, um deren feines natürliches Aroma zu unterstützen und zu heben. „Beerenfrüchte sind echte Alleskönner«, rühmt denn auch Ronny Emborg, der kreative Sternekoch vom „AOC« in Kopenhagen (www.restaurantaoc.dk), der bevorzugt mit heimischen Produkten arbeitet, wozu „neben Pilzen, Kräutern, Fisch und Wild natürlich auch Beeren« zählen. Den Koch, der beim molekularen Großmeister Ferran Adria gewerkelt hat, begeistert an Beeren deren natürliche, ganz eigenständige und unverwechselbare Säurenote, die „vielen Gerichten eine enorm spannende und feine Würze verleiht«. Er liebt die Verbindung von grünen Erdbeeren mit Meeresfrüchten und kombiniert gerne schwarze Johannisbeeren mit Fleisch und Petersilie – das fördere „wirklich sensationelle Aromen zutage«.
Konventioneller angelegt ist eine mit Portwein und grob zerstoßenem Pfeffer angemachte Himbeermarinade zu einem Schweinefilet, gebraten in einer Pfanne, in der zuvor Zucker in Butter karamellisiert worden ist. Delikat schmecken in Balsamessig, Orangensaft und Honig marinierte Beeren zu einem gratinierten Ziegenkäse.
Originell ist ein Beerenbrot: Him‑, Brom‑,Johannis- und Heidelbeeren mit Olivenöl, Zitronensaft und Holundersirup marinieren, auf würzige Brotscheiben verteilen, die zuvor kräftig in Butter angeröstet und üppig mit Ziegenkäse bestrichen worden sind. Alles leicht salzen, mit gehackter Minze bestreuen und mit Pfeffer würzen.
Für raffinierten Genuß sorgen Essigbeeren zu einem Roastbeef: Die Beeren – Mischung je nach Saison (sehr fein sind Himbeeren, Brombeeren und Walderdbeeren) – einige Tage lang in einem halben Liter bestem Rotweinessig nebst je einem Zweig Salbei sowie Lavendel, einer Chilischote und 3 Gewürznelken in einem fest verschließbaren Gefäß und bedeckt mit 125 ml feinem Olivenöl an dunklem Ort ziehen lassen.
Beeren lassen sich in Teig einwickeln und in heißem Fett knusprig backen. Wonnen vermittelt ein Huhn, gefüllt mit halbierten Brombeeren und Stachelbeeren, mit Rosmarin, Zitronenschale und Knödelbrot, gewürzt mit Salz und Pfeffer, außen eingerieben mit rotem Paprikapulver, Butter, Salz und Pfeffer, dann in einer feuerfesten Form im Rohr etwa eine Stunde lang gebraten und schließlich aufgetragen in einer Sauce, zubereitet aus fein gehackten Schalotten und Knoblauch, in Olivenöl mit Honig und Rosmarin weich geschmort, mit Weißwein abgelöscht und mit Hühnerfond eine Viertelstunde lang eingeköchelt, danach mit weiteren Brombeeren und Stachelbeeren, diesmal ganz gelassen, noch fünf Minuten fertig gegart. Das Huhn mit dieser Beerensauce servieren, mit Zitronensaft, Salz und Pfeffer abschmecken. Eine ideale Beilage dazu ist Reis, würzig gekocht mit einer Zwiebel, gespickt mit Nelke und Lorbeer.
Außerhalb der Saison lassen sich Beeren jeglicher Art nutzen, die unmittelbar nach der Ernte getrocknet oder eingefroren worden sind – bei letzteren empfiehlt es sich, die Beeren auf einem Brett auszubreiten, einzeln vorzugefrieren und anschließend in Beutel zu verpacken. So halten sie sich bis zum nächsten Sommer und können den Winter versüßen.
Ronny Emborg schätzt sie für die Zubereitung von Pürees. Beeren zählten von früh an zu den ersten und liebsten Nahrungsmitteln des Menschen, sie versorgten die Jäger wie den Bauern mit Energie und dienten in getrockneter Form, später auch sauer oder in Alkohol eingelegt und solcherart konserviert, als hochwertige winterliche Zutat. Das schönste Kompliment stammt von René Redzepi, einem anderen berühmten Koch aus Kopenhagen – sein „Noma« schmückten Sterne vom Michelin , der bekannte: „Getrocknete Beeren sind das beste Fast food der Welt