Ein Wochenende in San Sebastián im Baskenland. Besuch in der „glück­lichsten Stadt der Welt«

Karl-F. Lietz

Lesedauer: 7 Minuten

Das Flugzeug landet in Bilbao, der größten Stadt des Basken­landes, knapp 100 Kilometer von unserem Ziel entfernt. Wir wollen die Gelegenheit nutzen, gemütlich auf der maleri­schen Küsten­strecke am Golf von Biskaya nach San Sebastián zu fahren.

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Die gemüt­liche Fahrt auf der Küsten­strasse

Unsere erste Erholungs­pause ist das Hotel Igeretxe im Strandbad Getxo, das uns mit dem Charme vergan­gener Belle-Époque-Tage empfängt.

Wer Bibao besuchen möchte, aber nicht in der Stadt übernachten will, dem sei das Hotel an der Küste empfohlen.

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Pause a der Bar Hotel Igeretxe. Dem Beifahrer ist ein Glas Wein aus der Region erlaubt.

Warum gilt San Sebastián nach Umfragen unter Einwohnern und Besuchern als die »Glück­lichste Stadt der Welt?«

Während der Fahrt denken wir über die Glücks­formel San Sebas­tiáns nach. Ist es die hohe Dichte besternter Restau­rants und das Renommee als inter­na­tionale Gastro­nomie-Metropole, befeuert durch die weltweit erste Koch-Univer­sität? Die glanz­volle Vergan­genheit als Sommer­re­sidenz von Königen und Adligen mit ihren archi­tek­to­ni­schen Glanz­bauten der Belle Époque? Oder weil man hier im Matri­archat lebte? Frauen hatten quer durch die Jahrhun­derte das Sagen im Haus, im Clan und in der Sippe. Frauen führten die Bauernhöfe, Männer nahmen nach der Heirat den Namen der Frau an. Und wo Frauen regieren, hat Kochkunst und die Familie den höchsten Stellenwert. Wahrscheinlich ist es wohl die Kombi­nation aus allem, denken wir uns.

Die ideale Stadt?

Wenn man sich die ideale Stadt wie einen ungemein hübschen Hafen vorstellt, dann sieht diese wohl tatsächlich nicht viel anders aus als San Sebastián.

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Es gibt nicht nur einen, sondern gleich drei Stadt­strände, von denen der mittlere, die muschel­förmige Concha-Bucht, wohl zu den schönsten Spaniens zählt. Umgeben wird Donostia, so der baskische Name der Stadt, von drei Bergen, die fantas­tische Ausblicke bieten. Ein vorge­la­gertes Inselchen hat San Sebastián auch. Das Schiff­fahrts­museum am Hafen lässt nostal­gische Reminis­zenzen an die Basken als große Seefah­rer­nation aufkommen.

Badever­gnügen, Glücks­spiel, Prominenz – das Erfolgs­konzept der Stadt

Mit den Herpes-Bläschen von Königin Isabella II. (Isabel de Borbón y Borbón-Dos Sicilias * 10. Oktober 1830 in Madrid; † 9. April 1904 in Paris) fing alles an. Um diese auszu­ku­rieren, wurden der spani­schen Monarchin Seebäder verordnet. Ihre Wahl fiel 1887 auf das damals noch verschlafene Örtchen San Sebastián. Der royale Gast und seine Entourage brachten einen touris­ti­schen Aufschwung mit sich, der bis heute anhält. Da die Stadt mit dem wachsenden Zustrom an Kurgästen expan­dieren musste, begann man Mitte des 19. Jahrhun­derts mit dem Bau jenes Viertels, das mit dem Namen „Area romántica“ nur allzu treffend umschrieben ist. Zu den Highlights des nahezu komplett erhal­tenen Belle-Époque-Quartiers, das auch ein wenig hochtrabend als „Klein-Paris“ bezeichnet wird, gehört das Rathaus an der Muschel­bucht, dem ehema­ligen Sitz des Gran Casinos, das 1924 schließen musste, als der Diktator General Rimo de Rivera das Glücks­spiel verbieten ließ.

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Die ehemalige Spielbank, heute Rathaus

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Hotel Maria Christina. Die Übernachtung lohnt sehr. Unsere Empfehlung.

Im wahrsten Sinne des Wortes als krönender Abschluss eröffnete 1912 das Hotel Maria Cristina. Adel verpflichtet, auch in dieser Fünf-Sterne-Unter­kunft: Benannt ist das Hotel nach jener spani­schen Monarchin, die San Sebastián zu ihrer Sommer­re­sidenz erkoren hatte. Heute können auch Bürger­liche wie wir die Vorzüge der hochherr­schaft­lichen Residenz genießen und in ebensolcher Opulenz schwelgen wie einst die adlige Kundschaft. Wobei die Zimmer­aus­stattung natürlich den heutigen Vorstel­lungen von Luxus entspricht.

San Sebastián erleben wir als einzige Gourmet­meile. Unzählige Bars und Restau­rants scheinen mitein­ander zu konkur­rieren.

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Die Fisch­re­stau­rants im Puerto gegen die Lokale der angren­zenden Altstadt. Dort prangen auf übervollen Theken alle möglichen Spiel­arten von Pintxos, der baski­schen Variante der Tapas. In jeder Kneipe stehen Dutzende Varianten dieser handlichen Köstlichkeit auf dem Tresen. Dazu trinkt man am besten „Txakoli“, den moussie­renden baski­schen Weißwein, der in hohem Bogen in die Gläser gefüllt wird. Oder ein Glas „Sidra“, Apfelwein, dessen jüngster Jahrgang alljährlich beim „Txotx“ genannten Fassan­stich gefeiert wird.

Die Original-Pintxos sind zu erkennen am kleinen Holzspieß, den Tapas nicht haben. Wer glaubt, dies seien belegte Brote, irrt vollkommen. Pintxos sind kleine kulina­rische Meister­werke, die „Erfinder“ beson­derer Varianten in der Stadt hochgeehrt.

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Jedes Restaurant ist stolz auf seine Pintxos

Wer soll das alles essen, überlegen wir, als wir beim Samstag­vor­mittags-Spaziergang neugierig in die Restau­rants blicken, in denen das Wochenende vorbe­reitet wird. Die Stadt wirkt um diese Zeit schläfrig und wenig belebt.

Ab 12 Uhr ändert sich das Bild. Die Einwohner, die sich stolz Donis­ti­arras nennen, abgeleitet von Done Sebastian, dem Schutz­hei­ligen der Stadt, haben ihre Einkäufe erledigt und die Lokale füllen sich schlag­artig, bis die Stadt eine einzige Gourmet­meile ist. Drinnen und draußen wird gegessen und getrunken. Das soziale Leben an einem gewöhn­lichen Samstag dreht sich jetzt um Kochen und Essen, wie es uns noch nirgendwo so begegnet ist, und zieht uns mit auf eine Pintxos-Flanier-Tour vom aller­feinsten.

Unsere Restaurant-Wahl am Abend: Amelia

Das Amelia liegt zentral, aber etwas versteckt im Viertel Romantica in San Sebastián, nicht weit von der Kathe­drale del Buen Pastor. Platz ist für 28 Gäste. Serviert werden nur abgestimmte Degus­ta­ti­ons­menüs zu etwa 100 und 130 Euro. Küchenchef ist Paulo Airaudo. Nach 14 Wander­jahren auch in Peru und Mexiko macht er nun längere Station in San Sebastián und hat im Jahr 2017 sein neues Restaurant eröffnet, benannt nach seiner Tochter. In Europa sammelte Airaudo Erfahrung in legen­dären Restau­rants wie Arzak (3* Michelin), San Sebastián oder The Fat Duck (3* Michelin), London. Im Mai 2015 eröffnete er La Bottega, eine Trattoria in Genf.

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Verar­beitet werden täglich frische saisonale und auch teilweise vergessene Produkte von kleineren Produ­zenten. Die Weinkarte bietet eine spezielle Auswahl organi­scher oder biody­na­mi­scher Gewächse. Fast alle Weine werden auch glasweise serviert.

Kostproben aus unserem Menü

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Unser Urteil

Leider war Paulo Airaudo bei unserem Besuch erkrankt, aber die engagierte Küchen-Crew nahm uns mit auf eine außer­ge­wöhnlich kreative Reise durch 11 Stationen und Inspi­ra­tionen mit sehr eigener und mutiger Handschrift, eine moderne, spannende Küche. Es war uns ein Vergnügen. Wenn auch sicher an einigen Gängen noch ein wenig im Detail an den Harmonien der kombi­nierten Aromen gefeilt werden wird, freuen wir uns auf den nächsten Besuch.

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Tipps und Adressen:

Anreise

Lufthansa und Eurowings fliegen von Frankfurt, Düsseldorf, Hamburg und München direkt Bilbao an. Von hier aus weiter mit Mietwagen, Bus oder Bahn nach San Sebastián.

Flughafen

Aeropuerto de Bilbao, Aireportuko eraztuna, 48180 Loiu, Bizkaia

Hotels

Hotel Igeretxe (unser Zwischen­stopp bei der Anreise)

Heimat­hafen mit Meeres­brise. Das Hotel Igeretxe im baski­schen Strandbad Getxo atmet nicht nur die elegante Atmosphäre längst vergan­gener Belle-Époque-Tage. Das Hotel ist ein klassi­sches Ausflugsziel der Bewohner des nahe gelegenen Bilbao, die an Wochen­enden und lauen Sommer­abenden im idylli­schen Garten gern einen Cocktail schlürfen.

Muelle Ereaga Kaia, 3, 48992 Getxo, Bizkaia, www.hotel-igeretxe.com

Gran Hotel Maria Cristina

República Argentina 4;  20004 San Sebastián Gipuzkoa

Essen

Amelia Restaurant

Moraza Kalea, 1B, Entrada en Prim, 34

20006 Donostia-San Sebastián, Spanien

Telefon: +34 943 84 56 47

www.ameliarestaurant.com

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Auf Entde­ckungs­reise durch die Altstadt

Einkaufen

Original Basken­mützen

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Casa Ponsol SL, Narrika Kalea, 4,20003 Donostia, Gipuzkoa, Spanien

Bikinis 

Calles an Batolomé 6

Goiuri – Hier kauft Frau die modische Strandmode

Mitbringsel:

Txirimiri ist der feine leise, fast unsichtbare und allge­gen­wärtige Niesel­regen der Biskaya, der die Stadt im Sommer nach Zitrone und Berga­motte duften lässt. Aber nur die Perfu­meria Benegas in der Nr. 12 der Calle Garibay bietet Txirimiri als Duft-Souvenir aus den Essenzen von Zitus­früchten, Sandelholz und Berga­motte.

Sprache:

Das verflixte „X“ in baski­schen Wörtern

Für Deutsch­spre­chende ungewöhnlich:

Das X, der 24. Buchstabe des latei­ni­schen Alphabets, wird im Baski­schen wie das deutsche „Sch“ (etwa wie „Fisch“) ausge­sprochen. Er kommt relativ häufig vor, meistens in der Kombi­nation „Tx“. Und schon müssen Sie nicht mehr hungern und können die Spezia­li­täten „Pintxos“, die raffi­nierten anderen Tapas, mit „Txakoli“ (moussie­render Wein mit hohem Säure­gehalt, der in den Bars und Restau­rants tradi­tionell in hohem Bogen in die Gläser geschenkt wird) bestellen.

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