Von der grünen Ouvertüre bis zur aromatischen Komposition
„Es gibt drei Dinge, die eine Frau aus dem Nichts hervorzaubern kann: einen Hut, einen Salat und einen Ehekrach“, spottete Mark Twain – und rückt damit Salat in die Nähe des Theatralischen, Unberechenbaren. Auch wenn Udo Pollmer einst konstatierte, Salat sei „so nahrhaft wie nasses Papier“, hält sich das frische Blattwerk seit Jahrtausenden als feste Größe auf unseren Tellern – als Auftakt, Zwischengang oder erfrischendes Hauptgericht.
Wer ihn nur auf Kopfsalat und eine Handvoll Gurke reduziert, verpasst ein Universum aus Textur, Farbe, Duft und Geschmack.
Schönheit in Blättern: Die neue Salatlust
Im Sommer, wenn sich die Natur verschwenderisch zeigt, räkeln sich auch die Salate: Der Lollo Rosso kräuselt sich in burgundroter Eleganz, Batavia schmeichelt weich, Radicchio setzt dramatische Farbakzente. In einem einzigen Teller vereint, ergibt das ein Bouquet, das jedem Blumengruß Konkurrenz macht – besonders wenn Wildkräuter, essbare Blüten und raffinierte Dressings hinzukommen.
Früher galt Salat als grüne Pflichtübung, heute ist er kreativer Spielplatz für Gourmets. Die Zeiten der blassen Blätter sind passé. Wer jetzt seinen Salat farblich auf die Garderobe abstimmt, tut es nicht aus Eitelkeit, sondern aus Lebensfreude.
Gesundheit trifft Geschmack – und das ganz ohne Kalorienballast
Ja, Salat besteht größtenteils aus Wasser – aber eben nicht nur. Seine Bitterstoffe, sekundären Pflanzenverbindungen, Mineralien und Vitamine wirken antioxidativ, stoffwechselanregend und verdauungsfördernd. Rabelais brachte es auf den Punkt: Salat „putzt den Magen aus“. Allerdings: Frisch muss er sein – und aus der Region. Plastikverpackte Massenware aus dem Gewächshaus hat mit dem aromatischen Garten- oder Wildsalat wenig zu tun.
Mehr als Grünzeug: Salat als kulinarisches Konzept
Der Begriff „Salat“ leitet sich vom lateinischen salare – salzen – ab. Damit ist das Feld weit geöffnet: Alles, was in Öl, Essig oder Mayonnaise gebettet wird, darf sich Salat nennen. Ob Pasta, Fisch, Fleisch oder Obst – erlaubt ist, was schmeckt.
Einige Klassiker:
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Caesar’s Salad mit Römersalat, Parmesan und Croutons,
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Nizzasalat mit Bohnen, Tomaten, Oliven und Sardellen,
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Russischer Salat – ein opulenter Reigen aus Wurzeln, Schinken, Meeresfrüchten und Trüffeln,
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Waldorfsalat mit Apfel, Sellerie, Walnüssen.
Und dann ist da noch die hohe Kunst des „Mesclun“: junges Blattgrün, Kräuter und Blüten aus der Provence – fein komponiert, keinesfalls aus der Plastiktüte.
Von Rossini bis Dumas: Salat als Bühne der Extravaganz
Der Komponist Rossini würzte seine Salate mit Trüffel – „ein Heiligenschein, um ein Leckermaul in Ekstase zu versetzen“. Alexandre Dumas wiederum beschreibt im Theaterstück Francillon einen „japanischen Salat“, dessen Rezept eher an ein opulentes Meeresbankett erinnert als an eine Beilage.
Auch der legendäre Marquis d’Albignac, der während der Französischen Revolution als Salatmeister englischer Lords Karriere machte, bewies: Salat kann gesellschaftsfähig, ja lukrativ sein – solange das Dressing stimmt.
Zubereitung: Die fünf Regeln des perfekten Salats
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Trocken muss er sein. Feuchtigkeit verwässert Aroma und Dressing.
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Nie in Essig ertränken! Nur so viel Sauce wie nötig – kein Rest in der Schüssel.
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Weniger ist mehr. Maximal zwei Kräuter, sparsame Würzung.
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Essig wie ein Geizkragen, Öl wie ein Verschwender. So die alte Küchenregel.
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Gut vermengen. Der Salat lebt von der Harmonie seiner Bestandteile.
Öl, Essig und ein Hauch Sherry
Je nach Salattyp lohnt ein Spiel mit der Würze:
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Feldsalat glänzt mit Kürbiskernöl.
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Möhren mit Mohnöl und Zitrone.
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Löwenzahn mit Rapsöl und Blauschimmelkäse.
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Ein paar Tropfen Sherry (Fino, Amontillado oder Manzanilla) adeln jede Vinaigrette.
Und der Wein dazu? Aber ja!
Lange galt Wein als schwieriger Begleiter zum Salat. Doch wer milden Essig, gutes Öl und feine Balance wahrt, kann wunderbar kombinieren. Körperreiche, säurearme Weine passen ideal – etwa Chardonnay aus dem Burgund, Silvaner aus Franken oder ein gereifter Riesling. Auch Sancerre oder Chablis sind feine Partner – besonders bei Salaten mit Fisch oder Käse.
Schlussgedanke: Alles Salat – alles gut?
Salat ist kein Notnagel, sondern Bühne. Kein Diätkonstrukt, sondern Ausdruck kultivierten Genusses. Kein Gemüse, sondern eine Einladung zur Improvisation.
Oder wie die große Feinschmeckerin M.F.K. Fisher schrieb:
„Ich habe nie etwas so Exquisites gegessen wie einen Salat aus satinweißen Endivien, der mit behutsam eingestreuten Parmaveilchen parfümiert war.“