Wo sich Sachsen von seiner schönsten Seite zeigt

22.12.2023
Delef Berg

Lesedauer: 3 Minuten

Mai. / Jun. 2018

Die Weinberge liegen hoch über der Elbe. Von ihnen eröffnen sich großartige Ausblicke auf die weltbe­kannte Porzel­lan­stadt Meißen und ihre Wahrzeichen, die Albrechtsburg und den Dom. Proschwitz ist das älteste private Weingut Sachsens. Rund 98 Hektar Rebfläche werden heute vom Weingut Proschwitz bewirt­schaftet. Erzeugt werden ausge­zeichnete Weiß- und Rotweine. Außerdem gibt es Winzer­sekte und aus der Meissener Spezia­li­tä­ten­bren­nerei kommen exzel­lente Brände, Geiste und Liköre. Seit 1996 gehört Schloss Proschwitz zum Verband Deutscher Prädi­kats­wein­güter. Darüber hinaus belegen zahlreiche Auszeich­nungen aus dem In- und Ausland eindrucksvoll, dass das Weingut Schloss Proschwitz zu den Spitzen­wein­gütern in Deutschland gehört.

Interview

Der Weg zu diesem Erfolg war mit vielen Schwie­rig­keiten verbunden. Was bewegt Sie, wenn Sie an die Anfänge zurück­denken?

Als ich zu Beginn der 1990er Jahre meinen gut dotierten Job als Unter­neh­mens­be­rater aufgab, um den früheren, 1945 enteig­neten Besitz meiner Familie zurück­zu­kaufen und zu renovieren, haben mich so ziemlich alle Kollegen und Freunde aus der Wirtschaft und der Weinwelt für verrückt erklärt. Heute gratu­lieren sie mir zum Erfolg und ich bin stolz auf das Erreichte.

Was waren Ihre Beweg­gründe, die Famili­en­tra­dition fortzu­führen?

Adel verpflichtet ja bekann­ter­maßen. Die Geschichte meiner Familie reicht bis ins 12. Jahrhundert zurück. Bis 1918 war sie eines der regie­renden Fürsten­häuser Deutsch­lands. Der Zweig, dem ich angehöre, war seit dem Beginn des 18. Jahrhun­derts in Sachsen ansässig und zählte dort zu den bedeu­tendsten Unter­neh­mer­fa­milien. 1945 wurde meine Familie entschä­di­gungslos enteignet, aus ideolo­gi­schen Gründen inhaf­tiert und später nach Westdeutschland ausge­wiesen. Ab 1990 habe ich die Weinberge und später auch den Famili­ensitz, das Schloss Proschwitz, zurück­ge­kauft. Ich wollte einen persön­lichen Beitrag zum Gelingen der Wieder­ver­ei­nigung leisten. Außerdem bin ich Unter­nehmer und war davon überzeugt, dass sich die Inves­ti­tionen langfristig lohnen würden. Aller­dings hatte ich mir die Aufgabe einfacher vorge­stellt.

Was waren die größten Probleme?

Unter­schätzt hatte ich die mit dem Rückkauf verbun­denen recht­lichen Schwie­rig­keiten, und es gab natürlich auch Vorbe­halte gegen einen Adligen, der aus dem Westen kam. Dazu kamen wie im Jahr 1996 witte­rungs­be­dingte Ernte­aus­fälle, die nur schwer zu verkraften waren.

Heute präsen­tiert sich das Weingut Schloss Proschwitz aber als eine Erfolgs­ge­schichte?

Wir haben sicherlich viel erreicht und können darauf auch sehr stolz sein. Wir bieten etwa 75 Menschen einen Arbeits­platz und sind fest in der Region verankert. Anerkennung finden auch unsere Weine. Viele Auszeich­nungen im In- und Ausland belegen das. Der 2012er Kloster Heilig Kreuz Traminer Auslese zum Beispiel wurde bei der „Inter­na­tional Wine Challenge“ in London mit Gold ausge­zeichnet. Das war eine von nur sechs Goldme­daillen, die in diesem Jahr an Deutschland gingen. 

Was zeichnet Ihre Weine aus?

Ich denke, dass das Terroir und das besondere Mikro­klima im Elbtal ein unver­wech­sel­bares Aroma unserer Weine hervor­bringen. Unsere Reben gedeihen auf einer bis zu sechs Meter mächtigen Lehmlöss-Schicht, die auf Granit und Syenit-Felsen ruht. Diese Boden­be­schaf­fenheit spiegeln gerade die Weißweine mit ihrer beson­deren Fruch­tigkeit und Minera­lität wider. Dazu kommt das „cool climate“ unserer Region, das für eine angenehme, frische Säure sorgt. Niedrig gehaltene Erträge und gezielte Selektion ermög­lichen unserem aus Südafrika stammenden Keller­meister Jacques du Preez, die Stärken der Weine heraus­zu­ar­beiten. Dabei werden die Trauben schonend abgepresst; durch eine kühle und langsame Gärung verlassen die Weine den Keller als authen­tische Persön­lich­keiten made in Sachsen. Die Inves­ti­tionen in den Keller in Zadel und im nahege­le­genen Ockrilla zahlen sich bereits aus. 

Was hat es mit dem neuen Produkt „Signature Line“ auf sich?

Wir verfügen jetzt über 90 Hektar Rebfläche, wovon 70 Prozent im Ertrag sind. Das versetzt uns in die Lage, keine Trauben mehr zukaufen zu müssen. Gleich­zeitig wollen wir neue Konsu­menten ansprechen und an die Weinkultur heran­führen. Mit der neuen Linie bieten wir dafür günstigere Einstiegs­mög­lich­keiten und bringen auch zwei Cuvées auf den Markt. Die weiße Cuvée ist ein toller Essens­be­gleiter und zeichnet sich durch saftige Frucht­aromen wie Maracuja und Stachel­beere aus. Friederike so heißt unsere aus Dornfelder und Spätbur­gunder kreierte Rotwein­cuvée. Sie trägt ihren Namen zu Ehren meiner Großmutter Friederike Prinzessin zur Lippe. Eine ursprünglich als Geburts­tags­ge­schenk an meine Frau geschaffene Cuvée Alexandra ist ein eleganter, durch Flaschen­gärung erzeugter Sekt, der aus den Rebsorten Elbling und Müller-Thurgau besteht. Riesling, Pinot blanc, Dornfelder und ein erfri­schender Secco rosé runden die neue Produkt­pa­lette ab.

Sie bieten das ganze Jahr über auch zahlreiche Veran­stal­tungen an. Warum?

Wir haben mit dem barocken Schloss, dem ländlichen Weingutshof in Zadel und dem rusti­kalen Weinberg­häuschen auf den Proschwitzer Höhen einfach perfekte Voraus­set­zungen für besondere Veran­stal­tungen. Das Angebot reicht dabei von Weinguts­füh­rungen, Weinfesten, spezi­ellen Verkos­tungen bis hin zu Konzerten. Beliebt sind auch die Wande­rungen auf der Sächsi­schen Weinstraße, die gerade ihr 25-jähriges Jubiläum feiern konnte. Gern werden unsere Räumlich­keiten auch für Famili­en­feiern, Hochzeiten und Firmen­ver­an­stal­tungen genutzt. Bei all diesen Gelegen­heiten haben die Gäste die Möglichkeit, unsere Weine besser kennen­zu­lernen.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Wir brauchen mehr Wein in Sachsen. Sicher, das ist klima­be­dingt nicht ganz einfach. Es vergeht auch Zeit vom Flächenkauf bis zur ersten Ernte und das schafft auch finan­zielle Probleme. Doch wer gute Weine erzeugt, bekommt sie auch gut verkauft. Ich wünsche mir deshalb noch mehr motivierte Winzer für die Region. Sachsen ist ein sehr spannendes Land mit großer Zukunft. Wir haben eine großartige Landschaft, eine ausge­zeichnete landes­ty­pische Küche und natürlich auch gute Weine. Sachsen bietet alles.

Detlef Berg 

 

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