Küchenklassiker: Der große Braten
Triumph des Geschmacks kontra Blingbling
Unter classicus verstanden die alten Römer ein Werk „zum ersten Rang“ – formvollendet in Harmonie und, wenn es ums Essen ging, im Geschmack. Klassiker der Kochkunst sind überall dort zu Hause, wo ein Koch am Herd steht, der nach allen technischen Eskapaden wieder den bewährten Rezepten folgt – nach dem Leitmotiv: Küche statt Bling-Bling. Unsere Klassiker-Serie ehrt diese Kunst, die Hoch- und Bürgerküche gleichermaßen umfasst. Heute: der große Braten.
Duft von Glück
Wenn ein Hasenrücken im eigenen Saft und Rotwein schmurgelt, wenn eine Poularde verheißungsvoll im Ofen bräunt, wenn ein Bauernschwein stundenlang leise brutzelt, dann ist es nicht nur der Braten, der gart. Es sind auch Erinnerungen, die aus der Kasserolle aufsteigen – an Sonntage, an Familienharmonie. Gerade jetzt, wenn die Tage fröstelnd schrumpfen und die Nächte aus der blumenlosen Erde dunkler emporwachsen, hat der große Braten seine schönste Saison.
Der Winter wird zum Freund, den man herzlich empfängt. Für den Gourmet schlägt jetzt die Stunde der Kalbsstelze, der Lammhaxe, der Gans. Kaum etwas in der Küche besitzt mehr Erotik als ein mit Liebe zubereiteter Braten. Schon das appetitlich schimmernde, an eine Stradivari erinnernde Goldbraun einer Poularde ist ein Versprechen, lange bevor der erste Bissen die Sinne erobert.
Rehabilitierung eines Giganten
Lange galt der Braten in der feinen Küche als verpönt – zu groß, zu rustikal. Die Nouvelle Cuisine bevorzugte hauchdünne Scheibchen, akribisch fächerförmig drapiert. Hübsch fürs Auge, aber der Duft – längst entwischt. Auch heute noch klecksen Spitzenköche gern mit Schäumchen und Mini-Gemüse umher. Tachismus auf dem Teller, doch wo bleibt der große Geschmack?
Umso erfreulicher die stille Renaissance des Bratens. Immer mehr Köchinnen und Köche erkennen: Die Wiederbelebung dieser Kunst ist kein Rückfall in kulinarische Steinzeit, sondern ein Schritt nach vorn – hin zu einer Küche mit Charakter, zu einem Hauptgang, der wieder Hauptgang sein darf.
Große Braten, große Literatur
Ob Poularde, Lammkeule, Fasan oder fünf Kilo Ochsenhüfte: Im Ganzen gegart, entfalten sie jene wollüstige Küchenerotik, die schon Meister wie Escoffier zelebrierten. Lesen Sie seine Ausführungen zum Boeuf à la Mode – reine Gastronomie-Literatur. Und wer einmal ein makelloses Filet Wellington oder eine Poularde à la Marengo gekostet hat, weiß, dass hier wahre Klassiker auf ihren zweiten Frühling warten.
Einladung zum Sonntagsbraten
„Essen kommen!“ – Sonntag, 21. September 2025, 12:00–14:30 Uhr
Das Kronenschlösschen bittet zu Tisch und serviert den klassischen Sonntagsbraten mit ausgesuchten Weinen. Inspiriert vom britischen „Sunday Roast“ erwartet die Gäste ein 3‑Gang-Menü:
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Aperitif: Per Se Spritz
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Vorspeise: Rinderkraftbrühe mit Wurzelgemüse, Fadennudeln und Eierstich
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Hauptgang: Sonntags-Braten mit Knusper-Brösel, Rahmwirsing und gebratenen Serviettenknödeln
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Dessert: Pochierte Williamsbirne mit Vanillecrème und karamellisierten Haselnüssen
Begleitet wird das Mahl von Rheingauer und österreichischen Weinen, moderiert von Autor Ingo Swoboda. Pauschalpreis: 90 € inklusive aller Weine, Wasser und Café.
„Es wird mit Recht ein guter Braten gerechnet zu den guten Taten!“ – Wilhelm Busch.
Ein Sonntagsbraten ist mehr als Fleisch: Er ist Heimat, Duft, Erinnerung – und der wohl schönste Triumph des Geschmacks über jedes kulinarische Blingbling.