Auf Genie­ßertour im Sonoma Valley

05.03.2024
Delef Berg

Lesedauer: 5 Minuten

Jan. / Feb. 2018

Der Weg zur Weinregion Sonoma beginnt an der Golden Gate Bridge in San Francisco. Rund eine Stunde später sitzt man bereits auf der Terrasse eines Weingutes, genießt die Sonne und trinkt ein Glas gut gekühlten Chardonnay. Sonoma, das ist die kleine Schwester des berühmten Napa Valley. 425 Weingüter gibt es mittler­weile hier. Anders als im Nachbartal dominieren kleinere Weingüter. Auch die Landschaft ist vielfäl­tiger. Es gibt nicht nur schöne Weinberge, die mal an die Toskana und dann wieder ans Piemont denken lassen. Auch dichte Mammut­baum­wälder und wildro­man­tische Küsten­ab­schnitte gehören zu Sonoma. 

Einen ersten Stopp sollten Besucher im Armstrong Redwoods State Natur Reservat machen. Für Glen Blackley ist der Park mit seinen kilome­ter­langen Wegen ein tolles Fitness-Center. Der pensio­nierte Lehrer führt ehren­amtlich Schul­gruppen durch den 325 Hektar großen Mammut­baumwald, ist aber auch mit seiner Familie oft zu Fuß oder mit dem Fahrrad in der Natur unterwegs. Der Park um die mächtigen Baumriesen wurde im 19. Jahrhundert ausge­rechnet von einem Holzma­gnaten angelegt. Zumindest einen Teil der Küsten­mam­mut­bäume wollte er für die Nachwelt erhalten. Höhepunkte sind der „Colonel Armstrong Tree“, dessen Alter auf rund 1 400 Jahre geschätzt wird, und der „Parson Jones Tree“, der mit seinen fast 100 Metern als höchster Baum gilt. „Ich habe eine besondere Ehrfurcht vor diesen Kathe­dralen des Waldes entwi­ckelt und auch eine Ahnung von der eigenen Bedeu­tungs­lo­sigkeit bekommen“, sagt Blackley angesichts dieser Wunder der Natur.  

Spekta­kulär ist auch der Westen von Sonoma County, der sich bis zum Meer erstreckt. Dort stoßen der Pazifik und die raue Küste am wenig bekannten nördlichen Teil des Highway 1 drama­tisch aufein­ander. Die Strände eignen sich aber eher für Wande­rungen als für ein Sonnenbad.  

Histo­rische Stätten 

Am nächsten Tag steht eine Lektion in Sachen Geschichte auf dem Programm. Den Rahmen dafür bietet das charmante Städtchen Sonoma mit Kalifor­niens größter Plaza. Der Platz wird von sorgfältig restau­rierten histo­ri­schen Häusern gesäumt, darunter befindet sich auch die Mission San Francisco Solano de Sonoma. Sie ist die letzte und nördlichste der kalifor­ni­schen Missionen. In die Geschichts­bücher aber ging das Sonoma Valley durch die sogenannte Bären­flaggen-Revolte ein. Das war 1864. Damals einigten sich weiße Siedler beim Wein darauf, dass die mexika­nische Regierung nichts tauge. Kurzerhand riefen sie eine unabhängige Republik Kalifornien aus. Der Spuk dauerte nur 25 Tage. Geblieben aber ist bis heute die alte Flagge mit einem Stern und einem Grizz­ly­bären auf weißem Grund. 

„In Sachen Wein hat Sonoma dagegen eine enorm wichtige geschicht­liche Rolle gespielt“, erzählt Jean-Charles Boisset. Er muss es wissen, schließlich ist der Franzose seit 2011 Besitzer von Kalifor­niens ältestem Weingut: „Buena Vista wurde 1857 vom ungari­schen Adligen Agoston Haraszthy in Sonoma gegründet“, erzählt er. „Er hat das Potenzial des Tales mit seiner einzig­ar­tigen Kombi­nation von Klima und Boden für den Anbau von Reben erkannt und auch im Weinkeller mit neuen Techniken experi­men­tiert“, berichtet Boisset weiter. „Er schuf die erste Kellerei mit Schwer­kraft in Kalifornien, grub einen Fasskeller in den Fels und versuchte sich im Bau von Fässern aus kalifor­ni­schem Redwood-Holz.“ Nach dem Tod des Grafen folgten wechsel­volle, durch Erdbeben, Reblaus und Prohi­bition geprägte Zeiten. Richtig aufwärts ging es mit dem Weinbau aber erst in den 1980er Jahren und als der „Wine Spectator“ 1989 von „Weltklasse-Weinen“ aus der Neuen Welt berichtete, waren Napa und Sonoma plötzlich berühmt. Heute präsen­tiert sich Buena Vista als sorgfältig restau­riertes Weinbau­museum mit einem histo­ri­schen Champa­gner­keller. Am besten buchen Besucher eine Führung. Im Anschluss daran können im Tasting Room einige der kostbaren Tropfen verkostet werden. Vor allem kraft­volle Rotweine wie Zinfandel, Cabernet, Merlot, aber auch Pinot noir oder erstklassige Cuvées können verkostet werden. Wer mag, kann Weine auch jahrgangs­weise probie­re­noder sich selbst als „winemaker for a day“ in der Kunst des „wine blending“ versuchen. Dabei werden verschiedene Weine zu einer ausge­wo­genen Mischung verschnitten. Das Ergebnis können die Hobby-Winzer in Flaschen mit perso­na­li­sierten Etiketten abfüllen und haben so eine schöne Erinnerung an das Erlebnis. 

Weingüter laden zum Besuch ein 

Überall in Sonoma haben sich Seiten­ein­steiger in Sachen Wein engagiert. Darunter sind Hollywood-Größen, Millionäre aus Chicago und Los Angeles, Aussteiger von der Wallstreet oder ehemalige Profes­soren, die sich mit jeder Menge Enthu­si­asmus auf die Erzeugung von Wein konzen­trieren und sich keine schönere Lebens­aufgabe mehr vorstellen können. Francis Ford Coppola ist einer von ihnen. Bereits in den 1970ern begann der Regisseur von „Der Pate“ und „Apoca­lypse now“ auf dem Inglenook Estate im Napa Valley in Wein zu inves­tieren. Seit 2010 besitzt er auch ein Weingut im Alexander Valley in Sonoma; das ehemalige Chateau Sovereign bietet ganz großes Kino. „Ein bisschen Show und Extra­vaganz schaden dem Geschäft sicher nicht“, meint der Eigner. Zum Erleb­nis­weingut gehört sogar ein Swimmingpool, und in Coppolas Filmga­lerie sind zahlreiche Erinne­rungs­stücke ausge­stellt. Zu sehen sind zum Beispiel der berühmte Schreib­tisch, hinter dem Marlon Brando den heiser klingenden Paten gab, und eine Vitrine mit den fünf Oscars, die Coppola bisher gewonnen hat. 

Auch MacRostie, ein erst 1987 gegrün­detes Weingut, kann zahlreiche Auszeich­nungen vorweisen. Vor allem die frischen Chardonnays und Pinot noirs überzeugen die Weinlieb­haber und wurden schon im Weißen Haus ausge­schenkt. „Die meisten Trauben kaufen wir von Farmern aus dem Russian River Valley“, erzählt Keller­meis­terin Heidi Briden­hagen. „Sie kommen aus 130 verschie­denen, sorgfältig ausge­wählten Lagen. Das ist ein toller Schatz, der uns die Erzeugung feiner Weine erlaubt“, sagt sie weiter. Die Produktion ist klein – lediglich 35.000 Kisten gehen pro Jahr in den limitierten Verkauf. Ganz neu ist das moderne Besucher­zentrum mit einem kleinen Restaurant. Von der Terrasse bietet sich ein schöner Ausblick auf die Weinhügel des Russian River. Hier schmeckt der Chardonnay wohl am besten – er besticht durch feine Honig­noten sowie Ananas- und Zitrus­aromen. Auch der Pinot noir überzeugt. Dunkelrot mit einigen bläulichen Reflexen funkelt er im Glas. Zunächst dominieren Cassis und Blaubeeren, später, wenn der Wein sich im Glas voll entfalten konnte, kommen wunderbare Kakao- und Espresso-Noten hinzu. 

Gutes Wein und gutes Essen

Zeit einplanen sollten Weinlieb­haber auch für das Weingut Benziger. Warum? Gerade wurde die Weinführung wieder als Beste in ganz Sonoma County ausge­zeichnet. Die Gäste sitzen dabei auf einem offenen Hänger, der von einem Traktor durch die hügeligen Weinberge gezogen wird. Unterwegs gibt es jede Menge Infor­ma­tionen auch zur Philo­sophie: „Unsere Prinzipien waren von Anfang an Zusam­menhalt der Familie, großartige Weine und biody­na­mi­scher Anbau der Trauben. Heute sind wir 27 Benzigers, die im Famili­en­be­trieb arbeiten“, sagt Erinn Benziger von der jüngsten Generation. Die Tour endet in der Bibliothek mit einer Verkostung der besten Tropfen. „Probieren Sie mal den Pinot noir, das ist mein persön­licher Liebling“, sagt Erinn. Man kann nur zustimmen. 

Gutes und gesundes Essen spielt in der Region ebenfalls eine wichtige Rolle. Überall stößt man auf indivi­duelle Restau­rants, die nach dem Motto „Farm to Table“ kochen. Die Produkte kommen nach Möglichkeit aus der Region und frisch auf den Tisch. Das Fleisch stammt von Farmern der Umgebung und die Eier werden von freilau­fenden Hühnern gelegt. Das ist Qualität, die man schmeckt. 

Ganz auf italie­nische Kost setzt Christian Darcoli im Pinoli. Die Antipasti kommen mit sonnen­ver­wöhnten Tomaten und heimi­schem Olivenöl auf den Tisch. Einfach köstlich sind die Pasta-Gerichte. Mal sind die Ravioli mit Kaninchen, mal mit Fisch gefüllt. Wer mag, kann sich auch für einen Wolfs­barsch oder Heilbutt aus Alaska entscheiden. 

Weiter nach Norden 

Wer von Sonoma über die Road 128 weiter ins benach­barte Mendocino County gen Norden fährt, kommt durch das Andersen Valley. „Vor dem Weinbau gab es hier nur Schafe und Apfel­bäume“, berichtet die kundige Bedienung im Weingut Goldeneye und stellt einen Teller mit Salami, Schinken und würzigen Käsesorten auf den Tisch. „Und jetzt kosten Sie erst mal den Vin gris of Pinot noir“. Der frische Rosé überrascht mit fruch­tigen Noten und passt, gut gekühlt, perfekt zu den Köstlich­keiten. Leider ist er ausver­kauft und man kann ihn nur noch hier verkosten. Zu haben sind wunderbare Pinot noirs, die aller­dings auch stolze Preise haben. Sie sind das Aushän­ge­schild des Weinguts und wirklich eine Klasse für sich. Das benach­barte Weingut Phillips Hill befindet sich in einer zweistö­ckigen Holzscheune, in der früher Äpfel getrocknet wurden. Heute setzt man hier unter anderem auf Riesling. Das Resultat kann sich durchaus sehen lassen. Im Yorkville Cellar sind es dagegen exzel­lente Rotweine, die zu kraft­vollen Cuvées im Bordeaux-Stil vermählt werden. 

Kulina­ri­scher Höhepunkt der gesamten Region ist das River‘s End. Die Mail-Adresse www.ilovesunsets.com lässt schon eine großartige Lage vermuten. Besitzer Bert Rangel hat aus dem traumhaft an der Mündung des Russian River in den Pazifik gelegenen Lokal auch eine Adresse für Gourmets gemacht. „Bei uns bekommen Sie Wild King Salmon aus dem Pazifik, natürlich frisch und perfekt von Küchenchef Martin zubereitet.“ Kostenlos dazu gibt es den Ausblick – aber man muss frühzeitig reser­vieren. 

Detlef Berg

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