Zwischen Festlichkeit und Finesse: Warum Champagner in Rosé längst mehr ist als nur eine verspielte Variante
Man spricht von rosaroten Kellerkindern, auch von schäumendem Pink und meint damit, ein bisschen verniedlichend, die Familie der Rosé-Champagner. Doch dieses Image ist überholt. Was einst als modischer Ausreißer galt, hat sich in den letzten Jahrzehnten zur festen Größe in der Welt der edlen Schaumweine entwickelt. Rosé-Champagner ist kein Ersatz für den „echten“ Champagner, sondern eine eigene Stilistik – oft kraftvoller, aromatischer und vielseitiger im kulinarischen Einsatz.
Eine junge Erfolgsgeschichte
Tatsächlich ist Rosé-Champagner eine vergleichsweise junge Erscheinung. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg begann seine Erfolgsgeschichte. Davor galt: Champagner hat weiß zu sein. Selbst renommierte Häuser wie Pol Roger oder Krug zögerten lange mit einem rosafarbenen Produkt. Krug brachte seinen ersten Rosé überhaupt erst 1983 auf den Markt – heute kostet er rund 330–360 Euro pro Flasche.
Exklusive Tropfen – teurer als Blanc de Blancs
Rosé-Champagner ist oft teurer als seine weißen Pendants. Das liegt unter anderem am höheren Aufwand bei der Herstellung und an der geringeren Produktionsmenge. Besonders edle Cuvées wie der Cristal Rosé von Louis Roederer oder der Dom Pérignon Rosé bewegen sich heute in Preisregionen von über 400 Euro pro Flasche. Auch bei nicht ganz so ikonischen, aber sehr hochwertigen Häusern sind Preise zwischen 120 und 200 Euro keine Seltenheit.
Genuss abseits der Prestige-Liga
Doch auch abseits der Luxusklasse gibt es exzellente Rosés:
- Laurent-Perrier Rosé Cuvée Brut (100 % Pinot Noir, rund 65–75 €),
- Billecart-Salmon Rosé (frisch, präzise, ca. 65 €),
- Duval-Leroy Fleur de Champagne Rosé Brut Premier Cru (um 55–60 €),
- Taittinger Comtes de Champagne Rosé (hochfein, komplex, rund 135 €),
- Deutz Cuvée William Rosé Vintage (rund 90–110 €),
- Mailly Grand Cru Rosé de Pinot Noir (ca. 50 €).
Selbst einige kleinere Winzer-Champagnerhäuser bieten in der Preisspanne zwischen 40 und 70 Euro stilistisch eigenständige Rosés mit Charakter – häufig bei spezialisierten Onlinehändlern zu finden.
Herstellung: Saignée oder Assemblage?
Für Rosé-Champagner sind zwei Verfahren zugelassen:
- Saignée-Methode (selten, handwerklich anspruchsvoll): Dabei wird der Most nach kurzer Kontaktzeit mit den roten Traubenschalen abgezogen. Das Ergebnis: tieferer Ausdruck, mehr Struktur und natürliche Farbe.
→ Beispiel: Laurent-Perrier Rosé verwendet ausschließlich diese Methode. - Assemblage-Verfahren (heute häufiger): Hier wird einem weißen Grundwein gezielt etwas stiller Pinot Noir oder Pinot Meunier zugesetzt. Vorteil: Die Farbe kann gezielt gesteuert werden, das Tanninrisiko ist gering.
→ Häufig verwendet bei Häusern wie Moët & Chandon Rosé Impérial.
Viele Produzenten kombinieren beide Methoden für mehr Tiefe und Präzision.
Farbe und Stil: Mehr als nur ein modisches Rosa
Das Farbspektrum reicht von zartem Lachston bis hin zu sattem Himbeerrot. Als Ideal gilt oft ein helles, leicht graustichiges Rosa, im Französischen poetisch „Œil de Perdrix“ – Rebhuhnauge – genannt. Geschmacklich korreliert die Farbe oft mit Stilistik:
- Hellere Rosés: eleganter, feiner, oft mineralischer
- Dunklere Rosés: kräftiger, fruchtiger, manchmal süßer oder „rotweiniger“
Kulinarische Allrounder
Rosé-Champagner brilliert in der Kombination mit Speisen:
- Wildpasteten und gegrilltes Kalbfleisch,
- Ziegenkäse mit Honig oder Kräutern,
- Himbeer- oder Erdbeerdesserts,
- asiatisch inspirierte Küche, die Süße, Säure und Würze kombiniert.
Der höhere Pinot-Anteil verleiht Rosé-Champagner mehr Körper – damit übersteht er auch kräftige Aromen souverän.
Fazit: Rosé ist kein Nebendarsteller mehr
Rosé-Champagner ist kein modischer Ausreißer, sondern eine ernstzunehmende Stilistik – fein, charaktervoll, vielseitig. Er darf festlich sein, darf verführen, darf aber auch fordern. Wer einmal den richtigen Rosé-Champagner zum passenden Anlass serviert hat, weiß: Es gibt Momente, da ist Rosa schlicht die bessere Wahl.