Immer der Nase nach

Wolf Wagener

Lesedauer: 2 Minuten

Mär. / Apr. 2016

Die Frage nach dem Fettgehalt dominiert seit einigen Jahren häufig sogar die Frage, wie ein Käse denn schmecke. Das hat sicherlich den Grund, dass heutzutage mehr und mehr auf die schlanke Linie geachtet wird, aber auch den zweiten Grund, dass Milchfett, und gerade das Fett der Kuhmilch, recht schwer verdaulich und daher nur in Maßen wirklich genussvoll ist. Leider aber, und hier kommen wir zurück zum Genuss, ist Fett nun mal Geschmacks-träger. Kurzum: Ein fetter Käse schmeckt einfach besser als ein magerer.

Wie aber misst sich der Fettgehalt im Käse? Zur Vergleich­barkeit der Käse hat man irgendwann die Maßeinheit „Fett in der Trocken­masse in %“ erfunden. Man versuchte dabei, den Fettgehalt aller Käsesorten, ob Frisch‑, Weich- oder Schnittkäse vergleichbar zu machen, indem man so tut, als würde man den Käse trocknen, also alles Wasser, was der Käse enthält, entziehen. Das übrig bleibende trockene Pulver würde dann so oder so viel Fett enthalten, je nachdem, wie viel Fett die Ursprungs­milch hatte. 

Früher galt: Je fetter, desto teurer

Diese Art den Fettgehalt zu messen ist histo­risch so zu erklären: In früherer Zeit war maßgeblich, wie viel Fett die Milch und das daraus gewonnene Milch­produkt enthielt, denn dies war der Parameter für die quali­tative und auch die geldliche Wertigkeit des Käses. Je mehr Fett, desto hochwer­tiger. Ergo brauchte man ein käsesor­ten­über­grei­fendes Maß für den Fettgehalt, das „Fett in der Trocken­masse“, auch um Betrü­ge­reien vorzu­beugen. Zum Beispiel, dass die Milch vor der Käsung entrahmt und aus dem Rahm Butter herge­stellt wurde; so hätte man ein und dieselbe Milch quasi zweimal verkaufen können. Heutzutage sind andere Parameter als der Fettgehalt mindestens ebenso wichtig und mitunter maßgeb­licher für den Käsepreis: Milchart (Tierart), Herkunft (Bergmilch, Heumilch), Bio, handwerk­liche Herstellung etc. heißen in unseren Tagen die Grund­lagen für die Wertigkeit, der Fettgehalt gerät in den Hinter­grund.

Milch­mäd­chen­rechnung

Oder sogar im Gegenteil: In unserer ernäh­rungs­be­wussten Gesell­schaft ist ein hoher Fettgehalt sogar eher ein Hinde­rungs­grund, als ein Quali­täts­merkmal. Halbfette Käse (wenn sie denn schmecken) sind auf dem Vormarsch und werden am Tresen verstärkt nachge­fragt. Wenn mich ein Kunde, ängstlich auf seine Linie achtend, fragt, wie viel Fett der eine oder andere Käse denn enthalte, dann rechne ich ihm immer vor: Nehmen Sie ruhig einen fetten und leckeren Käse, wenn Sie den Käse nur halb so dick aufs Brot legen, enthält er auch nur halb so viel Fett …
Auf den folgenden Seiten finden Sie solche Käse, meine ganz persön­lichen Empfeh­lungen. Mit viel Fett und noch viel mehr Geschmack.

Wolf Wagener

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