Veronika, der Lenz ist da, die Vöglein singen tralala,
die ganze Welt ist wie verhext, Veronika, der Spargel wächst.
(populärer, textlich leicht ins Anzügliche weisender Schlager aus den dreißiger Jahren)
Es ist wie des Jägers Warten auf ein sehr seltenes Tier, und dann ist dieser sehnlich erwartete Moment gekommen: Der erste Spargel, frisch gestochen in regionaler Erde, liegt bereit, verheißungsvoll glänzend. Für den Feinschmecker gibt es mehrmals im Jahr solche beglückenden Erlebnisse des ersten Augenblicks.
„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“, hat Hermann Hesse in den „Stufen“ dieses magische, die Sinne derart aufrührende Ereignis beschrieben, bei dem einem die Schmetterlinge im Bauch zu flattern beginnen wie bei Neuverliebten. Auch bei der ersten Trüffel des Jahres, dem ersten selbst gefundenen Steinpilz, der ersten frisch gepflückten Walderdbeere, der ersten Maibowle und weiteren solchen kulinarischen Premieren stellt sich das Gefühl des Besonderen ein.
Und so lauert der wahre Feinschmecker mit der Sehnsucht des Liebenden auf die ersten heimischen Stangen, was nichts mit Deutschtümelei, sondern viel mit kulinarischem Geist zu tun hat. Deutsche Stangen haben ihre hohe Zeit von April bis zum 24. Juni, dem Johannistag; am Ende der Erntezeit darf das Gemüse dann ins Kraut schießen und sich bis zur nächsten Saison erholen. Ursprünglich wurde Spargel übrigens grün verzehrt, erst im Barock kam man darauf, die Triebe unter der Erde zu schneiden, bevor sie ans Tageslicht geraten und sich – über ein lila Zwischenstadium – grün verfärben. Unterirdisch blieben sie weiß und bewahrten ein milderes, sanftsüßliches Aroma; dieser so genannte Bleichspargel war Ausdruck der Dekadenz und in früheren Jahrhunderten dem Adel sowie vermögenden Bürgern vorbehalten. Kein anderes Gemüse ist von alters her derart stark symbolisch befrachtet wie der Spargel. Die „Schmeichelei des Gaumens“, wie Cato, der alte Römer und Verfasser des ersten Lehrbuches über den Ackerbau, den lateinisch „Asparagus officinalis“ benannten Spargel beschrieb – er aß ihn gekocht, in Stücke geschnitten und mit Honig gesüßt, als eine Art Kompott zu Pasteten – , galt unter den Pharaonen als Götterspeise. Die Römer hatten das Stangengemüse der Venus geweiht und mischten in ihre Liebestränke reichlich Spargelsaft, während die altgriechischen Böotier aus Spargel die Brautkränze flochten. Die Schwärmerei um den Spargel als legitimes Kind des Eros drückte sich auch poetisch aus in Titeln wie „eßbarer Blütenduft“, „zartes Elfenbein“ und „Frühlingsduft in Stangen“ bis hin zu „verdichtetem Nachtigallengesang“. Und im Berlin der Zwanziger Jahre kursierten Ansichtskarten mit einem hübschen Mädchen, einen Riesenspargel umarmend. Künstler wie Edouard Manet, Andy Warhol, Max Slevogt oder Markus Lüpertz malten das Gemüse, das bis heute im Ruf steht, dem Liebesleben förderlich zu sein. Es bedarf keiner verwegenen Phantasie; um in einem gut gewachsenen Spargel eine phallische Form zu sehen. Araber kreierten Speisen, von denen sie sich aphrodisische Wirkung versprachen, thessalische Hexen brauten aus Spargelsaft einen Liebestrank, und Anthelme Brillat-Savarin, der französische Gourmet-Philosoph, schwärmte Anfang des 19. Jahrhunderts vom Anblick einer „hübschen Schlemmerin“ beim Verzehr von Spargel mit den Händen. Von der Schwester des Gastrosophen wurde berichtet, sie habe, als sie 99jährig im Sterben lag, mit dem Ruf „Ich glaube, ich gehe hinüber ins Schattenreich“, ein letztes Mal nach Spargel, ihrem Lieblingsgemüse, verlangt.
Der Erfolg des Spargels läßt sich bündig beschreiben: sein Geschmack! Der kulinarische Wert steht seit zweitausend Jahren hoch über allen ernährungsphysiologischen oder tiefenpsychologischen Deutungen. Im Kochbuch des Apicius ist beispielsweise ein Spargelauflauf mit gebratenen Drosseln aufgezeichnet. Andererseits soll der therapeutische Wert des Gemüses nicht unterschätzt werden. Wegen seines hohen Gehalts an Vitaminen und Mineralien wie Calzium, Phosphor, Magnesium und Kalium in Verbindung mit wenig Kalorien wird der Spargel als Arznei von harntreibender Wirkung und zur Unterstützung von Leber, Darm, Niere und Lunge geschätzt. In „Zedlers Universallexikon“ aus dem 18. Jahrhundert heißt es: „Die Spargen sind dem Magen, sonderlich im Anfang der Mahlzeit angenehm…dienen wohl denen, so Harn-Winde haben, und mit dem Grießt-oder Nieren-Stein beschweret sind…und machen Lust zum Beyschlaff.“
Salat von rohem Spargel mit Rotweinmayonnaise und Gänseblümchen (Rezept für vier Personen)
Zutaten: 30 dicke Spargelstangen, grün und weiß gemischt Aceto balsamico Olivenöl Salz, Pfeffer aus der Mühle einige Gänseblümchen, Kräuter Rotweinmayonnaise: 4 Eigelbe 1 Tl Dijonsenf 250 ml reduzierter Rotwein (guten Rotwein einköcheln lassen, bis sich eine leicht sämige Masse bildet) 600 ml Walnußöl Salz, Pfeffer aus der Mühle eine Prise Muskatnuß, etwas Zitronensaft Zubereitung: Für die Mayonnaise die Eigelbe mit Senf und den Gewürzen glatt rühren. Dann, zunächst in dünnem Strahl, unter ständigem Schlagen das Walnußöl zufügen. Weiter schlagen, bis eine dickliche Mayonnaise entstanden ist. Zum Schluß die Rotweinreduktion unterziehen. Anstelle des Walnußöls kann auch Olivenöl genommen werden. Den Spargel waschen, schälen, die Enden abschneiden. Die geputzten Stangen in einer Marinade aus Olivenöl, Balsamessig, Salz und Pfeffer mehrmals wenden. Auf Tellern anrichten, einen dicken Klecks der Mayonnaise dazu geben und mit den Gänseblümchen sowie Kräutern (nach Belieben Kerbel, Estragon, Minze & Co) dekorieren.
Leider gibt es nur wenige Köche, die diesem Edelgemüse den gebührenden Respekt erweisen. Statt den Spargel solistisch einzusetzen, wird er mit Schinken, Steaks, Langusten, Lachs, sogar Käse und dicken Tunken befrachtet. Das gleicht einem kulinarischen Verrat, denn abgesehen davon, dass solche üppigen Kombinationen oft langweilig oder lediglich protzig sind, degradieren sie den Gemüsekönig zur Beilage, zur Staffage für Fisch und Fleisch. Der wahre Gourmet will den Spargel exklusiv. Er soll im Mittelpunkt der gastronomischen Inszenierung stehen und nicht wie Trixie als dritte von rechts im Ballett. „Unsagbar schön“ fand denn auch der Dichter Jean Paul den puren Spargelgenuss, während vom Kollegen Nikolaus Lenau überliefert ist, dass der auf einen Sitz „50 solcher Kirchtürme“ verputzte. Jonathan Swift und Immanuel Kant spargelten mit Leidenschaft, Goethe war wild auf frischen Spargel, dem er bevorzugt mit seiner geliebten Grünen Soße zusprach.
Mit Spargel lässt sich in der Küche jedenfalls vieles anstellen. Er erfreut als Rohkost (hauchdünn carpacciomäßig geschnitten und mit einer Rucolasauce oder Sauce Mousseline angemacht), gekocht mit der traditionellen Eiersauce, gebacken, gratiniert, mit zerlassener Butter beträufelt, als Suppe, Risotto, Sülze oder zaristisch à la Romanowa mit Artischockenböden, Sauce Hollandaise und Kaviar. A la Pompadour ist praktisch à la Sauce Vinaigrette: ein hart gekochtes Ei wird mit Kräutern (Kerbel, Petersilie, Schnittlauch, Estragon), Kapern, Zwiebel, Sardellenfilets und kleinen Essiggürkchen sehr fein zerhackt, dann mit Pfeffer, Salz und Essig (empfehlenswert: Sherryessig) gewürzt und mit reichlich bestem Olivenöl aufgeschlagen. Auf „kaiserliche“ Art (à l’impériale) heißt, dass grüner Spargel gekocht und in Butter gedünstet auf Röstbrot gelegt und mit Trüffelscheiben belegt wird.
Zank unter Geistesheroen: Spargel mit Vinaigrette oder heißer Butter?
Eine möglicherweise wahre, in jedem Fall originelle Anekdote ist aus dem 18. Jahrhundert von zwei französischen Geistesheroen übermittelt: Bernard le Bouvier de Fontenelle, der Literat, Wissenschaftler, Galant und Gourmet, stritt sich mit Jean Baptiste Dubos, dem Theologen und Historiker, über die rechte Zubereitung von Spargel. Dubos wollte ihn mit einer Sauce Vinaigrette essen, was Fontenelle als barbarisch empfand und für heiße Butter als Begleitung plädierte. Während des Wartens auf den Koch, der die Stangen garte, sank Dubos plötzlich ohnmächtig zu Boden. Statt ihm zu helfen, sprang Fontenelle auf, rannte in die Küche und rief: „Mach’ allen Spargel mit Butter!“ Damals, in der Zeit der Aufklärung, waren die Denker auch praktizierende Gourmets, gingen Geist und Küche sozusagen Hand in Hand.
Cremig schmeckt Spargel als Suppe mit einem pochierten Ei, roh und hauchdünn gehobelt avanciert er mit einer Vinaigrette zum Carpaccio. Welche Sorte man wie zubereitet, das hängt einzig von der Tageslaune ab. Am beliebtesten in heimischen Esszimmern ist immer noch der weiße Spargel, der seine jungfräuliche Farbe behält, weil er in der Erde abseits der Sonne gedeiht. Oberirdisch wächst der grüne Spargel, der, dem superschlanken wild wachsenden Asparagus ähnelnd, ein besonders würziges Aroma hat und zunehmend Freunde gewinnt. Noch etwas herzhafter nebst einem aparten Hauch von Süße schmeckt sein Vetter, der bläulich bis violett angelaufene Purpurspargel, in Italien als Violetta d’Albenga sehr beliebt – die Verfärbung kommt durch das Licht, wenn mit dem Ernten gewartet wird, bis der Spargel die Erde durchbrochen hat. Beim Kochen verfärbt sich der Spargel ins Grünliche, doch das Lila bleibt, wenn die Stangen nur leicht blanchiert oder roh verzehrt werden. Wichtig ist, dass der Spargel lebensfroh glänzt. Die Enden sollen hell und saftig sein, die Köpfchen geschlossen und verheißungsvoll müssen die Stangen knistern, reibt man sie aneinander. Sind die Stangen gelb, gar bräunlich verfärbt, trocken und rissig, sollte man die Hände davon lassen.
Grüner Spargel
Grüner Spargel braucht nur am unteren Drittel dünn geschält zu werden. Er kommt – je nach Dicke – mit zehn bis fünfzehn Minuten Kochzeit aus, wogegen weißer Spargel einige Minuten länger ziehen muss. Aus den abgeschnittenen Enden und den Schalen wird mit Wasser, Salz, einer furchtlos bemessenen Prise Zucker und einem nussgroßen Stück Butter (nach Belieben plus einem Glas Weißwein) etwa eine Viertelstunde lang ein Sud gekocht, in dem die Spargelstangen gebündelt und mit den Köpfen nach oben gar geköchelt werden (ein Tipp: der Sud lässt sich erneut verwenden und schließlich als Suppe auftischen).
Wenn die Stangen gar sind, was die Gabelprobe entscheidet – perfekt gekocht, biegt er sich leicht, wirklich nur ganz leicht durch – , wird er auf eine aufgewärmte Tuchserviette gelegt, trocken getupft und ohne Verzögerung in einer heiß gehaltenen Schüssel aufgetragen. Aber bitte nicht zugedeckt, denn unter einem Deckel würde der Dampf auf den Spargel zurück schlagen, ihn wässrig machen und gnadenlos die Sauce Hollandaise oder Béarnaise verhunzen, die, flankiert von Pellkartoffeln, eine ebenso klassische wie köstliche Begleitung zu weißem Spargel sind. Besonders schonend gart Spargel ohne Wasser im Ofen: Stangen mit Salz und ein wenig Zucker würzen, in eine feuerfeste Form legen, etwas Gemüsesaft (alternativ eine Liaison aus Olivenöl und Butter) darüber gießen, mit Alufolie abdecken und für cirka 25 Minuten bei 200 Grad im Rohr garen.
Fein schmeckt Spargel lauwarm mit einer Vinaigrette aus Essig oder Zitronensaft, Olivenöl, etwas Weißwein, Salz, Pfeffer sowie einem Hauch Zucker. Im Piemont gibt es die „Bagna Cauda“ mit Rohkost (Paprika, Karotte, Stangensellerie, Fenchel und eben auch Spargel): für die Dipsauce vier Sardellenfilets gut abspülen, trocken tupfen und fein hacken. In einer kleinen Pfanne vier Eßlöffel Butter schmelzen, Knoblauch darin zart anschwitzen, einen Kaffeelöffel fein gehackte Kapern und 1/8 Liter Olivenöl hinzufügen, bis zum Siedepunkt erhitzen, zehn Minuten lang ziehen lassen, auf einem Rechaud warm halten und darin den rohen, mundgerecht geschnittenen Spargel eintunken.
Spargel mit Semmelbrösel
Zwei Kilo weißen oder grünen Spargel schälen, kochen und warm stellen. In einer flachen Pfanne etwa 100 Gramm Semmelbrösel mit einer kleinen Handvoll mikrofein geschnittenen Zwiebel- und Frühstücksspeckwürfelchen sowie 50 bis 75 Gramm Butter bei mittlerer Hitze unter ständigem Rühren eine goldene Farbe annehmen lassen. Mit Salz und frisch gemahlenem weißem Pfeffer würzen, mit einigen Tropfen Zitronensaft aromatisieren. Ein bis zwei hart gekochte Eier klein hacken und nebst einer klein gewürfelten Tomate (ohne Haut, Kerne und Saft) über die Spargel streuen, mit der (noch) heißen Butter-Brösel-Mischung übergießen und mit Schnittlauch bestreuen.
Originell ist die Variante, über die Spargelköpfe das Gelbe eines sehr weich gekochten Eies fließen zu lassen und mit geriebenem Muskat zu würzen. Spargel, grün und weiß gemischt, schmeckt als Vorspeise auch roh, in Scheiben geschnitten und mit einer Vinaigrette mariniert. Klassisch ist die Version mit geschmolzener Butter. Bei Hans Haas im Münchner „Tantris“ gibt es weißen Spargel, leicht gesalzen, gezuckert und mit reichlich Butter in der Folie gedünstet (ca. 45 Minuten im 200 Grad heißen Backrohr), aufgetischt mit wachsweich pochierten Eiern. Wonne beschert ein Spargelrisotto, wie es der Kochkünstler Heinz Winkler an manchen Tagen in seiner schönen „Residenz“ im bayerischen Aschau auftischt. Für Aufsehen hatte im Mai 1810 der habsburgische Erzherzog Karl gesorgt, als er im Wiener Augarten öffentlich den Spargel mit Buttersauce verzehrte und dazu heiße Schokolade trank.
Spargel-Drink:
Ernst Lechthaler hat in seiner Zeit als Barchef im Münchner Park Hilton einen Spargel-Drink komponiert: 2 Stangen frisch gekochter weißer oder grüner Spargel werden mit 0,5 cl frisch gepreßtem Zitronensaft, 8 cl Rinderkraftbrühe, 4 cl vom Spargelsud nebst jeweils einer Prise Salz, Zucker und Pfeffer aus der Mühle sowie Kerbel mit zwei Eiswürfeln im Mixer gut püriert, nach Geschmack gewürzt und in ein vorgekühltes Glas gegossen.
Rezept für diesen Frühlingstrunk: 0,8 Liter Spargelfond (etwas eingeköchelter Spargelsud) werden mit jeweils 0,3 Liter Milch sowie frischer Sahne im Mixer musig gerührt, mit Salz und Zucker abgeschmeckt. Nun große Eiswürfel in die Cocktailgläser geben und mit der Spargel-Milch-Sahne-Colada aufgießen. Mit Basilikum und einer (geschälten) Stange Spargel dekorieren. Anstelle von Milch und Sahne kann auch reine, ungesüßte Kokosmilch verwendet werden.
Spargel und Wein
Delikat ist die Kombination zwischen einem hocharomatischen Weißwein à la burgundischem Chardonnay, Chenin blanc von der Loire oder einem Condrieu von der Rhone zu einem Gericht, das einst Gerhard Gartner im noblen „Gala“ in Aachen kreiert hat: Gartner wärmte eine gehackte schwarze Trüffel in zwei Esslöffel Kalbsjus an, mengte behutsam eine Hollandaise von zwei Eidottern und 150 Gramm flüssiger Butter plus etwas Sahne darunter, erwärmte diese Liaison noch einmal kurz, schmeckte mit Madeira, Zitrone, Salz, Pfeffer ab und reicherte damit den gekochten weißen Spargel an. Das ist eine feine Vorspeise für ein festliches Menü und geeignet, selbst dem abgebrühten Spargelesser eine neue Geschmacksdimension zu eröffnen. Josef Viehhauser, der einst im Hamburger „Le Canard“ Kochgeschichte schrieb, hat Spargel in Olivenöl angebraten, mit Zucker, Salz und Pfeffer leicht gewürzt und dazu eine Sauce serviert aus karamellisiertem Zucker, abgelöscht mit Spargelfonds und Orangensaft, aufgeschlagen mit kalten Butterwürfelchen und verfeinert mit blanchierten Orangenzesten.
Spargel und Erdbeeren
Der zartsüßlich bis nussig schmeckende violette Purpurspargel macht sich auch lecker im Verein mit Erdbeeren: Spargel ungeschält in dünne Scheiben schneiden, grob gewürfelte Erdbeeren dazu mischen, alles mit Zitronensaft, ein wenig Zucker, Salz, Pfeffer und Olivenöl marinieren.
Spargel im »Leipziger Allerlei«
Unentbehrlich ist Spargel im „Leipziger Allerlei“, dieser aufs Anmutigste den Frühling signalisierenden Kombination aus jungen Erbsen, Spargel, Möhrchen sowie Morcheln und Flußkrebsen, also dem Feinsten, was Feld, Wasser und Wald in diesen Tagen bieten – die schmackhafteste deutsche Kreation! (Ein prominenter Hamburger »Fernsehkoch« bezeichnete »Leipziger Allerlei« in seiner 2023 veröffentlichten Kochfibel als DDR-Gericht. Oh, je – wie falsch lag er da!)
Einfach pur schmeckt Spargel wie Karotten in zwei bis drei Millimeter dicke Scheibchen geschnitten und in reichlich Butter maximal vier Minuten gebraten; wer es üppiger mag, kann einige gebratene Kalbsbriesstücke und/oder Morcheln hinzufügen, auch einige Tropfen alten Balsamico tradizionale darüber träufeln. Eine Köstlichkeit ist auch die Liaison mit Grünspargel, Ei und Stücken von der Chorizo-Wurst, alles gemeinsam in der Pfanne knusprig gebraten. Einerlei ist, wie man den Stangen zu Leibe rückt.
Vor dem Spargel verändert sich der Mensch. Die einen tun’s nur mit nackten Fingern, andere mit dem Messer, was gesellschaftlich längst nicht mehr als unfein geahndet wird, seit die Klingen aus Edelstahl sind und der Spargel dadurch keinen Eisengeschmack annimmt. Das Staunen lehren einen eher Gäste wie jener katholische Pfarrer, der auf einem Schloss im Rheingau zum Spargelessen eingeladen war und, als ihm, dem Ehrengast, die Silberplatte mit den Stangen als erstem vorgelegt wurde, mit einem Messer ungeniert sämtliche Köpfe absäbelte, auf seinen Teller häufte und zum Hausherrn sagte: „Ei wisse Sie, Herr Graf, die Köpfe sind das Beste.“