Spargel­issimo: aphro­di­sisch und eine Schmei­chelei des Gaumens

09.04.2024
Karl-F. Lietz

Lesedauer: 9 Minuten

Veronika, der Lenz ist da,
die Vöglein singen tralala,

die ganze Welt ist wie verhext, Veronika, der Spargel wächst.

(populärer, textlich leicht ins Anzüg­liche 
weisender Schlager aus den dreißiger Jahren)


Es ist wie des Jägers Warten auf ein sehr seltenes Tier, und dann ist dieser sehnlich erwartete Moment gekommen: Der erste Spargel, frisch gestochen in regio­naler Erde, liegt bereit, verhei­ßungsvoll glänzend. Für den Feinschmecker gibt es mehrmals im Jahr solche beglü­ckenden Erleb­nisse des ersten Augen­blicks.

„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“, hat Hermann Hesse in den „Stufen“ dieses magische, die Sinne derart aufrüh­rende Ereignis beschrieben, bei dem einem die Schmet­ter­linge im Bauch zu flattern beginnen wie bei Neuver­liebten. Auch bei der ersten Trüffel des Jahres, dem ersten selbst gefun­denen Steinpilz, der ersten frisch gepflückten Walderd­beere, der ersten Maibowle und weiteren solchen kulina­ri­schen Premieren stellt sich das Gefühl des Beson­deren ein.

Und so lauert der wahre Feinschmecker mit der Sehnsucht des Liebenden auf die ersten heimi­schen Stangen, was nichts mit Deutsch­tü­melei, sondern viel mit kulina­ri­schem Geist zu tun hat. Deutsche Stangen haben ihre hohe Zeit von April bis zum 24. Juni, dem Johan­nistag; am Ende der Erntezeit darf das Gemüse dann ins Kraut schießen und sich bis zur nächsten Saison erholen. Ursprünglich wurde Spargel übrigens grün verzehrt, erst im Barock kam man darauf, die Triebe unter der Erde zu schneiden, bevor sie ans Tages­licht geraten und sich – über ein lila Zwischen­stadium – grün verfärben. Unter­ir­disch blieben sie weiß und bewahrten ein milderes, sanft­süß­liches Aroma; dieser so genannte Bleich­spargel war Ausdruck der Dekadenz und in früheren Jahrhun­derten dem Adel sowie vermö­genden Bürgern vorbe­halten.

Kein anderes Gemüse ist von alters her derart stark symbo­lisch befrachtet wie der Spargel. Die „Schmei­chelei des Gaumens“, wie Cato, der alte Römer und Verfasser des ersten Lehrbuches über den Ackerbau, den latei­nisch „Asparagus offici­nalis“ benannten Spargel beschrieb – er aß ihn gekocht, in Stücke geschnitten und mit Honig gesüßt, als eine Art Kompott zu Pasteten – , galt unter den Pharaonen als Götter­speise. Die Römer hatten das Stangen­gemüse der Venus geweiht und mischten in ihre Liebes­tränke reichlich Spargelsaft, während die altgrie­chi­schen Böotier aus Spargel die Braut­kränze flochten. Die Schwär­merei um den Spargel als legitimes Kind des Eros drückte sich auch poetisch aus in Titeln wie „eßbarer Blütenduft“, „zartes Elfenbein“ und „Frühlingsduft in Stangen“ bis hin zu „verdich­tetem Nachti­gal­len­gesang“. Und im Berlin der Zwanziger Jahre kursierten Ansichts­karten mit einem hübschen Mädchen, einen Riesen­spargel umarmend.

Künstler wie Edouard Manet, Andy Warhol, Max Slevogt oder Markus Lüpertz malten das Gemüse, das bis heute im Ruf steht, dem Liebes­leben förderlich zu sein. Es bedarf keiner verwe­genen Phantasie; um in einem gut gewach­senen Spargel eine phallische Form zu sehen. 
Araber kreierten Speisen, von denen sie sich aphro­di­sische Wirkung versprachen, thessa­lische Hexen brauten aus Spargelsaft einen Liebes­trank, und Anthelme Brillat-Savarin, der franzö­sische Gourmet-Philosoph, schwärmte Anfang des 19. Jahrhun­derts vom Anblick einer „hübschen Schlem­merin“ beim Verzehr von Spargel mit den Händen. Von der Schwester des Gastro­sophen wurde berichtet, sie habe, als sie 99jährig im Sterben lag, mit dem Ruf „Ich glaube, ich gehe hinüber ins Schat­ten­reich“, ein letztes Mal nach Spargel, ihrem Lieblings­gemüse, verlangt.

Der Erfolg des Spargels läßt sich bündig beschreiben: sein Geschmack! Der kulina­rische Wert steht seit zweitausend Jahren hoch über allen ernäh­rungs­phy­sio­lo­gi­schen oder tiefen­psy­cho­lo­gi­schen Deutungen. Im Kochbuch des Apicius ist beispiels­weise ein Spargel­auflauf mit gebra­tenen Drosseln aufge­zeichnet. Anderer­seits soll der thera­peu­tische Wert des Gemüses nicht unter­schätzt werden. Wegen seines hohen Gehalts an Vitaminen und Mineralien wie Calzium, Phosphor, Magnesium und Kalium in Verbindung mit wenig Kalorien wird der Spargel als Arznei von harntrei­bender Wirkung und zur Unter­stützung von Leber, Darm, Niere und Lunge geschätzt. In „Zedlers Univer­sal­le­xikon“ aus dem 18. Jahrhundert heißt es: „Die Spargen sind dem Magen, sonderlich im Anfang der Mahlzeit angenehm…dienen wohl denen, so Harn-Winde haben, und mit dem Grießt-oder Nieren-Stein beschweret sind…und machen Lust zum Beyschlaff.“

Salat von rohem Spargel mit Rotwein­ma­yon­naise und Gänse­blümchen
(Rezept für vier Personen)

Zutaten: 
30 dicke Spargel­stangen, grün und weiß gemischt
Aceto balsamico
Olivenöl
Salz, Pfeffer aus der Mühle
einige Gänse­blümchen, Kräuter

Rotwein­ma­yon­naise: 
4 Eigelbe
1 Tl Dijonsenf
250 ml reduzierter Rotwein (guten Rotwein einkö­cheln lassen, bis sich eine leicht sämige Masse bildet)
600 ml Walnußöl
Salz, Pfeffer aus der Mühle
eine Prise Muskatnuß, etwas Zitro­nensaft

Zubereitung:
Für die Mayon­naise die Eigelbe mit Senf und den Gewürzen glatt rühren. Dann, zunächst in dünnem Strahl, unter ständigem Schlagen das Walnußöl zufügen. Weiter schlagen, bis eine dickliche Mayon­naise entstanden ist. Zum Schluß die Rotwein­re­duktion unter­ziehen. Anstelle des Walnußöls kann auch Olivenöl genommen werden. 
Den Spargel waschen, schälen, die Enden abschneiden. Die geputzten Stangen in einer Marinade aus Olivenöl, Balsam­essig, Salz und Pfeffer mehrmals wenden. Auf Tellern anrichten, einen dicken Klecks der Mayon­naise dazu geben und mit den Gänse­blümchen sowie Kräutern (nach Belieben Kerbel, Estragon, Minze & Co) dekorieren.

Leider gibt es nur wenige Köche, die diesem Edelgemüse den gebüh­renden Respekt erweisen. Statt den Spargel solis­tisch einzu­setzen, wird er mit Schinken, Steaks, Langusten, Lachs, sogar Käse und dicken Tunken befrachtet. Das gleicht einem kulina­ri­schen Verrat, denn abgesehen davon, dass solche üppigen Kombi­na­tionen oft langweilig oder lediglich protzig sind, degra­dieren sie den Gemüse­könig zur Beilage, zur Staffage für Fisch und Fleisch. Der wahre Gourmet will den Spargel exklusiv. Er soll im Mittel­punkt der gastro­no­mi­schen Insze­nierung stehen und nicht wie Trixie als dritte von rechts im Ballett. „Unsagbar schön“ fand denn auch der Dichter Jean Paul den puren Spargel­genuss, während vom Kollegen Nikolaus Lenau überliefert ist, dass der auf einen Sitz „50 solcher Kirch­türme“ verputzte. Jonathan Swift und Immanuel Kant spargelten mit Leiden­schaft, Goethe war wild auf frischen Spargel, dem er bevorzugt mit seiner geliebten Grünen Soße zusprach.

Mit Spargel lässt sich in der Küche jeden­falls vieles anstellen. Er erfreut als Rohkost (hauchdünn carpac­cio­mäßig geschnitten und mit einer Rucola­sauce oder Sauce Mousseline angemacht), gekocht mit der tradi­tio­nellen Eiersauce, gebacken, grati­niert, mit zerlas­sener Butter beträufelt, als Suppe, Risotto, Sülze oder zaris­tisch à la Romanowa mit Artischo­cken­böden, Sauce Hollan­daise und Kaviar. A la Pompadour ist praktisch à la Sauce Vinai­grette: ein hart gekochtes Ei wird mit Kräutern (Kerbel, Peter­silie, Schnitt­lauch, Estragon), Kapern, Zwiebel, Sardel­len­filets und kleinen Essig­gür­kchen sehr fein zerhackt, dann mit Pfeffer, Salz und Essig (empfeh­lenswert: Sherry­essig) gewürzt und mit reichlich bestem Olivenöl aufge­schlagen. Auf „kaiser­liche“ Art (à l’impériale) heißt, dass grüner Spargel gekocht und in Butter gedünstet auf Röstbrot gelegt und mit Trüffel­scheiben belegt wird.

Zank unter Geistes­heroen: Spargel mit Vinai­grette oder heißer Butter?

Eine mögli­cher­weise wahre, in jedem Fall origi­nelle Anekdote ist aus dem 18. Jahrhundert von zwei franzö­si­schen Geistes­heroen übermittelt: Bernard le Bouvier de Fontenelle, der Literat, Wissen­schaftler, Galant und Gourmet, stritt sich mit Jean Baptiste Dubos, dem Theologen und Histo­riker, über die rechte Zubereitung von Spargel. Dubos wollte ihn mit einer Sauce Vinai­grette essen, was Fontenelle als barba­risch empfand und für heiße Butter als Begleitung plädierte. Während des Wartens auf den Koch, der die Stangen garte, sank Dubos plötzlich ohnmächtig zu Boden. Statt ihm zu helfen, sprang Fontenelle auf, rannte in die Küche und rief: „Mach’ allen Spargel mit Butter!“ Damals, in der Zeit der Aufklärung, waren die Denker auch prakti­zie­rende Gourmets, gingen Geist und Küche sozusagen Hand in Hand.

Cremig schmeckt Spargel als Suppe mit einem pochi­erten Ei, roh und hauchdünn gehobelt avanciert er mit einer Vinai­grette zum Carpaccio. Welche Sorte man wie zubereitet, das hängt einzig von der Tages­laune ab. Am belieb­testen in heimi­schen Esszimmern ist immer noch der weiße Spargel, der seine jungfräu­liche Farbe behält, weil er in der Erde abseits der Sonne gedeiht. Oberir­disch wächst der grüne Spargel, der, dem super­schlanken wild wachsenden Asparagus ähnelnd, ein besonders würziges Aroma hat und zunehmend Freunde gewinnt. Noch etwas herzhafter nebst einem aparten Hauch von Süße schmeckt sein Vetter, der bläulich bis violett angelaufene Purpur­spargel, in Italien als Violetta d’Albenga sehr beliebt – die Verfärbung kommt durch das Licht, wenn mit dem Ernten gewartet wird, bis der Spargel die Erde durch­brochen hat. Beim Kochen verfärbt sich der Spargel ins Grünliche, doch das Lila bleibt, wenn die Stangen nur leicht blanchiert oder roh verzehrt werden.

Wichtig ist, dass der Spargel lebensfroh glänzt. Die Enden sollen hell und saftig sein, die Köpfchen geschlossen und verhei­ßungsvoll müssen die Stangen knistern, reibt man sie anein­ander. Sind die Stangen gelb, gar bräunlich verfärbt, trocken und rissig, sollte man die Hände davon lassen.

Grüner Spargel

Grüner Spargel braucht nur am unteren Drittel dünn geschält zu werden. Er kommt – je nach Dicke – mit zehn bis fünfzehn Minuten Kochzeit aus, wogegen weißer Spargel einige Minuten länger ziehen muss. Aus den abgeschnit­tenen Enden und den Schalen wird mit Wasser, Salz, einer furchtlos bemes­senen Prise Zucker und einem nussgroßen Stück Butter (nach Belieben plus einem Glas Weißwein) etwa eine Viertel­stunde lang ein Sud gekocht, in dem die Spargel­stangen gebündelt und mit den Köpfen nach oben gar geköchelt werden (ein Tipp: der Sud lässt sich erneut verwenden und schließlich als Suppe aufti­schen).

Wenn die Stangen gar sind, was die Gabel­probe entscheidet – perfekt gekocht, biegt er sich leicht, wirklich nur ganz leicht durch – , wird er auf eine aufge­wärmte Tuchser­viette gelegt, trocken getupft und ohne Verzö­gerung in einer heiß gehal­tenen Schüssel aufge­tragen. Aber bitte nicht zugedeckt, denn unter einem Deckel würde der Dampf auf den Spargel zurück schlagen, ihn wässrig machen und gnadenlos die Sauce Hollan­daise oder Béarnaise verhunzen, die, flankiert von Pellkar­toffeln, eine ebenso klassische wie köstliche Begleitung zu weißem Spargel sind. Besonders schonend gart Spargel ohne Wasser im Ofen: Stangen mit Salz und ein wenig Zucker würzen, in eine feuer­feste Form legen, etwas Gemüsesaft (alter­nativ eine Liaison aus Olivenöl und Butter) darüber gießen, mit Alufolie abdecken und für cirka 25 Minuten bei 200 Grad im Rohr garen.

Fein schmeckt Spargel lauwarm mit einer Vinai­grette aus Essig oder Zitro­nensaft, Olivenöl, etwas Weißwein, Salz, Pfeffer sowie einem Hauch Zucker. Im Piemont gibt es die „Bagna Cauda“ mit Rohkost (Paprika, Karotte, Stangen­sel­lerie, Fenchel und eben auch Spargel): für die Dipsauce vier Sardel­len­filets gut abspülen, trocken tupfen und fein hacken. In einer kleinen Pfanne vier Eßlöffel Butter schmelzen, Knoblauch darin zart anschwitzen, einen Kaffee­löffel fein gehackte Kapern und 1/8 Liter Olivenöl hinzu­fügen, bis zum Siede­punkt erhitzen, zehn Minuten lang ziehen lassen, auf einem Rechaud warm halten und darin den rohen, mundge­recht geschnit­tenen Spargel eintunken.

Spargel mit Semmel­brösel

Zwei Kilo weißen oder grünen Spargel schälen, kochen und warm stellen. In einer flachen Pfanne etwa 100 Gramm Semmel­brösel mit einer kleinen Handvoll mikrofein geschnit­tenen Zwiebel- und Frühstücks­speck­wür­felchen sowie 50 bis 75 Gramm Butter bei mittlerer Hitze unter ständigem Rühren eine goldene Farbe annehmen lassen. Mit Salz und frisch gemah­lenem weißem Pfeffer würzen, mit einigen Tropfen Zitro­nensaft aroma­ti­sieren. 
Ein bis zwei hart gekochte Eier klein hacken und nebst einer klein gewür­felten Tomate (ohne Haut, Kerne und Saft) über die Spargel streuen, mit der (noch) heißen Butter-Brösel-Mischung übergießen und mit Schnitt­lauch bestreuen.

Originell ist die Variante, über die Spargel­köpfe das Gelbe eines sehr weich gekochten Eies fließen zu lassen und mit gerie­benem Muskat zu würzen. Spargel, grün und weiß gemischt, schmeckt als Vorspeise auch roh, in Scheiben geschnitten und mit einer Vinai­grette mariniert. Klassisch ist die Version mit geschmol­zener Butter. Bei Hans Haas im Münchner „Tantris“ gibt es weißen Spargel, leicht gesalzen, gezuckert und mit reichlich Butter in der Folie gedünstet (ca. 45 Minuten im 200 Grad heißen Backrohr), aufge­tischt mit wachs­weich pochi­erten Eiern. Wonne beschert ein Spargel­ri­sotto, wie es der Kochkünstler Heinz Winkler an manchen Tagen in seiner schönen „Residenz“ im bayeri­schen Aschau auftischt. Für Aufsehen hatte im Mai 1810 der habsbur­gische Erzherzog Karl gesorgt, als er im Wiener Augarten öffentlich den Spargel mit Butter­sauce verzehrte und dazu heiße Schokolade trank.

Spargel-Drink:

Ernst Lechthaler hat in seiner Zeit als Barchef im Münchner Park Hilton einen Spargel-Drink kompo­niert: 2 Stangen frisch gekochter weißer oder grüner Spargel werden mit 0,5 cl frisch gepreßtem Zitro­nensaft, 8 cl Rinder­kraft­brühe, 4 cl vom Spargelsud nebst jeweils einer Prise Salz, Zucker und Pfeffer aus der Mühle sowie Kerbel mit zwei Eiswürfeln im Mixer gut püriert, nach Geschmack gewürzt und in ein vorge­kühltes Glas gegossen.

Rezept für diesen Frühlings­trunk:  
0,8 Liter Spargelfond (etwas einge­kö­chelter Spargelsud) werden mit jeweils 0,3 Liter Milch sowie frischer Sahne im Mixer musig gerührt, mit Salz und Zucker abgeschmeckt. Nun große Eiswürfel in die Cocktail­gläser geben und mit der Spargel-Milch-Sahne-Colada aufgießen. Mit Basilikum und einer (geschälten) Stange Spargel dekorieren. Anstelle von Milch und Sahne kann auch reine, ungesüßte Kokos­milch verwendet werden.

Spargel und Wein

Delikat ist die Kombi­nation zwischen einem hocharo­ma­ti­schen Weißwein à la burgun­di­schem Chardonnay, Chenin blanc von der Loire oder einem Condrieu von der Rhone zu einem Gericht, das einst Gerhard Gartner im noblen „Gala“ in Aachen kreiert hat: Gartner wärmte eine gehackte schwarze Trüffel in zwei Esslöffel Kalbsjus an, mengte behutsam eine Hollan­daise von zwei Eidottern und 150 Gramm flüssiger Butter plus etwas Sahne darunter, erwärmte diese Liaison noch einmal kurz, schmeckte mit Madeira, Zitrone, Salz, Pfeffer ab und reicherte damit den gekochten weißen Spargel an. Das ist eine feine Vorspeise für ein festliches Menü und geeignet, selbst dem abgebrühten Spargel­esser eine neue Geschmacks­di­mension zu eröffnen. Josef Viehhauser, der einst im Hamburger „Le Canard“ Kochge­schichte schrieb, hat Spargel in Olivenöl angebraten, mit Zucker, Salz und Pfeffer leicht gewürzt und dazu eine Sauce serviert aus karamel­li­siertem Zucker, abgelöscht mit Spargel­fonds und Orangensaft, aufge­schlagen mit kalten Butter­wür­felchen und verfeinert mit blanchierten Orangen­zesten.

Spargel und Erdbeeren

Der zartsüßlich bis nussig schme­ckende violette Purpur­spargel macht sich auch lecker im Verein mit Erdbeeren: Spargel ungeschält in dünne Scheiben schneiden, grob gewür­felte Erdbeeren dazu mischen, alles mit Zitro­nensaft, ein wenig Zucker, Salz, Pfeffer und Olivenöl marinieren.

Spargel im »Leipziger Allerlei«

Unent­behrlich ist Spargel im „Leipziger Allerlei“, dieser aufs Anmutigste den Frühling signa­li­sie­renden Kombi­nation aus jungen Erbsen, Spargel, Möhrchen sowie Morcheln und Flußkrebsen, also dem Feinsten, was Feld, Wasser und Wald in diesen Tagen bieten – die schmack­haf­teste deutsche Kreation! (Ein promi­nenter Hamburger »Fernsehkoch« bezeichnete »Leipziger Allerlei« in seiner 2023 veröf­fent­lichten Kochfibel als DDR-Gericht. Oh, je – wie falsch lag er da!)

Einfach pur schmeckt Spargel wie Karotten in zwei bis drei Milli­meter dicke Scheibchen geschnitten und in reichlich Butter maximal vier Minuten gebraten; wer es üppiger mag, kann einige gebratene Kalbs­bries­stücke und/oder Morcheln hinzu­fügen, auch einige Tropfen alten Balsamico tradi­zionale darüber träufeln. Eine Köstlichkeit ist auch die Liaison mit Grünspargel, Ei und Stücken von der Chorizo-Wurst, alles gemeinsam in der Pfanne knusprig gebraten.

Einerlei ist, wie man den Stangen zu Leibe rückt.

Vor dem Spargel verändert sich der Mensch. Die einen tun’s nur mit nackten Fingern, andere mit dem Messer, was gesell­schaftlich längst nicht mehr als unfein geahndet wird, seit die Klingen aus Edelstahl sind und der Spargel dadurch keinen Eisen­ge­schmack annimmt. Das Staunen lehren einen eher Gäste wie jener katho­lische Pfarrer, der auf einem Schloss im Rheingau zum Spargel­essen einge­laden war und, als ihm, dem Ehrengast, die Silber­platte mit den Stangen als erstem vorgelegt wurde, mit einem Messer ungeniert sämtliche Köpfe absäbelte, auf seinen Teller häufte und zum Hausherrn sagte: „Ei wisse Sie, Herr Graf, die Köpfe sind das Beste.“

 

 

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