Cocktails – Martini, Bars und die Kunst des stilvollen Trinkens

Karl-F. Lietz

Lesedauer: 6 Minuten

Geschüttelt, nicht gerührt: Bonds Rezept für den ewigen Cocktail-Ruhm

Das Origi­nal­rezept von Ian Fleming – und warum Bond’s Wodka Martini mehr als nur ein Showeffekt ist.

„Martini geschüttelt, nicht gerührt!“ Die Martini Dry-Bestellung gehört zu den Running Gags in den 007-Streifen. Für Daniel Craig ist er Quantum Trost, Roger Moore blickte mit ihm ins Angesicht des Todes, Sean Connery lebte nur zweimal… Bond der Hüter des Guten, der Schönen und der Waren, katapul­tierte den Vermouth-Aperitif zum Cocktail-Klassiker schlechthin. Alle Welt kennt und trinkt Martini Dry.

 

Der Held der freien Welt („mein Name ist Bond, James Bond“) ordert freilich eine spezielle Mixtur, den Wodka Martini. In seinem Buch „Casino Royal“ erklärt Ian Fleming, der 007-Erfinder, Bonds Rezept: drei Teile Gin, ein Teil Wodka – und ein Spritzer Kina Lillet. Das ist ein ganz seltener Vermouth. Ein kleines Gut im Bordelais stellt ihn her, ausschließlich aus weißen Weintrauben, nach einem Hausrezept. Bond ergänzt seinen Snobismus mit der Anweisung an den Barmann: „Gut schütteln bis die Mischung eiskalt ist, dann ein Stück Zitro­nen­schale zufügen.“ Servieren lässt sich der Agent seiner Majestät der Königin seinen ganz spezi­ellen Martini in einer tiefen Champagner-Schale.

Warum der Martini im Eis-Tango besser tanzt – und dabei trüb wird

Schütteln oder rühren? Der ewige Streit der Cocktail­kultur – und die überra­schende Wahrheit.

Auf Flemings Konto geht zwar die Mischung, aber nicht die Erfindung des geschüt­telten Martini. Der war bereits bekannt. Eine kleine Fraktion hat den »geschüt­telten Cocktail« schon immer angehimmelt. Der Grund: Der Martini wird durch das Schütteln auf Eis erheblich kälter. Der Nachteil: Er wird leider auch trübe. Passend zur Halbwelt in der Bond sich zuweilen bewegt.

Von Hemingway bis Thomas Mann: Große Geister und ihre kleinen Sünden

Champagner zum Frühstück oder Daiquiris am Fließband – wie berühmte Trinker die Barwelt prägten.

Nun zu den guten Nachrichten: Trinken kann man eigentlich immer. Fernand Point, der franzö­sische Kochpionier, belebte seinen Kreislauf morgens mit einem Schlückchen Champagner. Thomas Mann, der Literatur-Nobel­preis­träger, gönnte den Budden­brooks zum zweiten Frühstück nach gut bürger­licher Sitte ein dunkles Starkbier. Ernest Hemingway trank gerne in Cocktail-Bars, wenn möglich rund um die Uhr. Sein Lieblings­drink: Daiquiri. Das erste Glas schmeckte dem Kampf­trinker Hemingway, wie „eine Skifahrt durch Gletscher“. Nach dem sechsten (oder war es der achte) war er immer noch in Schuss­fahrt – aller­dings ohne Skier.

Die Bar: Amerikas Geschenk an die Welt der gepflegten Trink­kultur

Von wilden Hahnen­kämpfen zum stilvollen Saloon: Wie die „Cocktail-Bar“ erfunden wurde.

Kulti­vierte Trinker bevor­zugen seit jeher die klassische American-Bar und noble Hotel-Bars. Also nicht Bars mit Strip und Nepp und Plüsch, sondern Trink-Oasen, in denen planloses Schlucken verpönt ist.

„Die Bar“ ist Amerikas Beitrag zur gehobenen Trink­kultur: Hier entwi­ckelte sich beim Hahnen­kampf die „Cock-Tail“-Bar. Der Besitzer des Siegers steckte sich als Trophäe den Schwanz des Verlierers an den Hut und forderte seine Wettge­nossen zum Trinken auf: „Let’s have a drink on the cock’s tail.“ Dann wurde nicht lange lamen­tiert, sondern sofort die nächst­lie­gende Kneipe gestürmt. Hier konnte den Wogen des Andrangs nur mit einer stabilen Barriere (englisch: bar) Einhalt geboten werden. Die hielt die wilden Gesellen vom Dekolleté der Wirtin und von den Flaschen ab. Der Randa­lierer-Tresen wurde zum Saloon und später zur American-Bar kulti­viert. US-Touristen bringen die Novität im Zeitalter der Dampf­schiffe nach Europa. Die Grand-Hotels in den europäi­schen Metro­polen garnieren zur gesel­ligen Entspannung ihre Restau­rants mit Bar-Ecken. Hier trifft sich die High Society zum lockeren Umtrunk. Legendär der globale Erfolg von „Harry’s New-York Bar“. Die erste American-Bar (ohne Restaurant) auf europäi­schem Boden öffnete in Paris am Thanks­giving Day 1911 ihren Tresen.

Von Nieren­ti­schen zu Designer-Bars: Die Renais­sance der Barkultur

Wie sich die Barszene in Deutschland entwi­ckelte – und warum Cocktails plötzlich schick waren.

In Deutschland reüssieren Bars seit den Fünfzigern des letzten Jahrhun­derts. In den Jahren der Biederkeit und des Petticoat, der Nieren­tische und des Wohnzim­mer­schranks mit verspie­geltem Barfach verbrei­teten Cocktails das Aroma von Weltläu­figkeit. Man war wieder wer und das musste zumindest mit exklu­siver Trink­kultur unter Beweis gestellt werden. In den achtziger Jahren ließ das neue schnelle Geld, ließen die jungen Erben des Wirtschafts­wunders Bars wie Pilze aus dem Boden schießen. Und heute?

Bars haben Hochkon­junktur. Young Urban Profes­sional People und alle, die es gerne sein möchten, schmücken sich mit einem Glas, aus dem es exotisch schimmert. Klar, es gibt strikte Biertrinker und eiserne Weinfreunde, doch so richtig bunt wird die Gesell­schaft erst beim Cocktail. Er fördert die Plauderei, Kontakte und Kontrakte – von morgens bis abends.

Zum Frühstück empfehlen die Barkeeper Fruchtsaft- und Milch­mix­turen. War der Abend jedoch lang, muntern sie ihre Barflys, so werden Barbe­sucher neudeutsch genannt, mit einem Prairie Oyster (würziger Longdrink mit Pep) auf. Am Vormittag wirkt der Flip (alkoho­li­scher Short­drink mit Eigelb) wahre Wunder. Die Before-Dinner-Cocktails öffnen den Magen und machen Appetit. Als Digestif rundet ein süßer After-Dinner-Cocktail das Mahl ab.

Zwischen 15 und 19 Uhr regiert der Cocktail (im Grunde ein kurzer Drink, der sich nur aus Alkohol oder aus viel Alkohol und wenig Rahm oder Fruchtsaft zusam­men­setzt).

Am Abend bestimmen Anlass und Jahreszeit, welche Drinks angeboten werden. In der Regel werden es Longdrinks sein – die Kassen­füller unter den Bar-Getränken. Der Longdrink enthält im Gegensatz zum klassi­schen Cocktail nur wenig oder gar kein Alkohol, dafür Frucht­säfte, Limonaden und auch Mineralwasser.Die Skala dieser immer erfri­schenden, manchmal berau­schenden Getränke reicht vom alkohol­freien Milch­shake bis zum Milch­shake mit Alkohol, dem neuesten Cocktail-Trend. Und Longdrinks kann man eigentlich immer trinken: zur Entspannung, Als Munter­macher, zu Einleitung schöner Stunden. Die Rezept-Reserven erlauben vom Frühstück bis in die Nacht hinein, stets das Richtige zu servieren. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Allein eine Regel sollte Beachtung finden – nur hochwertige Marken­spi­ri­tuosen und frische Frucht­säfte gehören in die Geträn­ke­sammlung, wegen der Bekömm­lichkeit. Billig-Whisky hat in einer gut sortierten Bar nichts zu suchen.

Kleine Räume, große Drinks: Tipps für die private Bar im Wohnzimmer

So wird jede Küche zur stilvollen Hausbar – mit wenig Platz und den richtigen Basics.

Raum für ein Spiri­tuo­sen­sor­timent nebst Zubehör ist in der kleinsten Küche. Etwa dreißig ausge­wählte Spiri­tuosen-Standards gehören zur anregenden und gesel­ligen Familie der Bar-Getränke. Zur Bar wird die Flaschen­sammlung aber erst dann, wenn die Getränke mit dem richtigen Besteck zubereitet werden.

Der Shaker ist das Herz der Baraus­stattung. Dreiteilige Modelle überzeugen zwar Design-Verliebte durchaus optisch, dem Kundigen sind sie eher ein Dorn im Auge: Shaker und Sieb verschmutzen schnell, die Mixtur staut sich beim Ausgießen – das Eis steht vorm Sieb und gibt Kleck­er­wasser ab – nichts schmeckt schlimmer als ein feuchter Cocktail! Trocken bleiben die Mixturen in zweitei­ligen Shakern. Obstmesser, Schnei­de­brett, Muskat­reibe, Spieße und Korken­zieher komplet­tieren das das Bar-Besteck, befindet sich aber eh in jeder Küche. Klassische Bar-Gläser (Cocktail-Schale, Whisky-Tumbler oder Old-Fashion-Glas, Hurricane-Glas für Fancy-Drinks) und etwas Geträn­ke­kunde bilden den ausbau­fä­higen Grund­stock für die Bar in den heimi­schen Wänden. Bei Erwei­te­rungen zählen nur die eigenen Leiden­schaften.

So wenig Zeit, so viele Cocktails: Die bittersüße Wahrheit der Barfly

Bleibt noch der Wermuts­tropfen: So ein Tag ist gerade mal vierund­zwanzig Stunden lang, zu kurz für all die schönen Cocktails, die man mixen – und trinken könnte!

Rezepte

Der Klassiker: Martini (dry)
5,5 cl Gin
1,5 cl Wermut trocken
Zitro­nen­schale

Alle Zutaten in ein Rührglas mit Eiswürfel geben, gut umrühren und in eine gekühlte Cocktail­schale abseihen. Öl aus einem Stück Zitro­nen­schale auf den Drink spritzen und mit einer Olive garnieren.

Der Munter­macher: Prairie Oyster


2–3 Tropfen Speiseöl
6 Teelöffel Tomaten­ketchup
1 Eigelb
2 cl Zitro­nensaft
Pfeffer, Salz, Worces­ter­shire-Sauce, Tabasco nach Belieben
Zutaten unver­rührt in eine Cocktail­schale geben. Mit Schwung austrinken.

Der Renner: Daiquiri


5 cl weißer Rum
3 cl Zitro­nensaft
1 Teelöffel Zucker­sirup oder
3 Teelöffel Zucker
Alle Zutaten im Shaker auf Eis schütteln und in eine Cocktail­schale geben.

GRAND-iose Erfri­schung mit dem „Frozen Raspberry Daiquiri“

Tipp von der Bar im ATLANTIC Grand Hotel Trave­münde „Seven C’s“ – benannt nach den sieben Weltmeeren. Dort wo sich heute die Bar befindet, stand einst der Black-Jack-Tisch des ehema­ligen Casinos. Promi­nente Gäste wie Aristo­teles Onassis, Kirk Douglas oder Sophia Loren hielten hier Einzug.

6cl Havana 3anos

3cl Limet­tensaft

2cl Himbeer­sirup

3cl Himbeer­püree

ZUBEREITUNG:

Beim Frozen Raspberry Daiquiri gibt man alle Zutaten zusammen mit Crushed Ice in einen Blender und mixt sie bis der Drink kristal­li­siert.

Der Neuling: Der Fischer und seine (beschwipste) Frau.


Sieger­rezept der 12. Likör 43 Cocktail Competion, kreiert von Markus Heinze, Barkeeper der „SonderBar“ in Dresden (06. Juni 2011)
5 cl Licor 43
3 cl frischer Zitro­nensaft
0,5 cl Palmen­zu­cker­sirup
1 Teelöffel Heidelbeer-Rhabarber-Marmelade
Fisherman’s Friend-Vanil­le­zucker-Rand
1 Zitro­nen­scheibe

Der doch exotische Fisherman’s Friend-Vanille-Zucker-Rand wird herge­stellt wie folgt:

Zwei Pastillen im Mörser zerkleinern und mit einem Teelöffel Vanil­le­zucker mischen. Die Mischung auf einem flachen Teller verteilen. Den Rand des Cocktail­glases mit der Zitro­nen­scheibe einreiben. Den Glasrand vorsichtig in der Fisherman’s Friend-Vanil­le­zucker-Mischung drehen, bis sich eine dünne Kruste bildet.
Licor 43, Zitro­nensaft, Palmen­zu­cker­sirup und Marmelade kräftig auf Eis schütteln und vorsichtig in das vorge­kühlte, mit Fisherman’s Friend-Vanil­len­zucker-Rand versehene Cocktailglas abseihen.

Tipp:


Das wichtigste Arbeits­gerät profes­sio­neller Barkeeper ist der Shaker. Im Shaker werden alle Drinks aus schwer vermeng­baren Flüssig­keiten oder Zutaten zubereitet, wie z. B. Sahne, Eigelb, Sirups, Liköre usw. Durch kräftiges Schütteln erhält man eine einheit­liche Mischung. Anstelle eines Shakers kann auch mit einem elektri­schen Mixgerät – wie es in jedem Haushalt steht – gearbeitet werden. Sogar Handmix­geräte reichen aus. Bei der Zubereitung im Elektro­mixer ersetzt die Maschine die körper­liche Tätigkeit.

Ob das der Qualität der Drinks abträglich ist, darüber streiten sich die Fachleute. Wenn sie größere Mengen zubereiten müssen, arbeiten selbst viele profes­sio­nelle Barkeeper mit dem Elektro­mixer.

Rat: Fragen Sie einfach den Barkeeper in Ihrem Hotel. Er wird Ihnen als Praktiker aus seiner täglichen Erfahrung berichten.

Titelfoto: der neue Cocktail Martini Oleum Olivarum (s. unten im Text)


Das Borgo Egnazia liegt in Savel­letri di Fasano, wo die Hügel des Itria-Tals sanft zum Adria­ti­schen Meer hinab­fallen. Auf dem Anwesen finden sich die Formen, Struk­turen und Farben eines typisch apuli­schen Dorfes. Die Bar del Portico ist vollständig aus Stein gebaut und liegt im Herzen des Borgo Egnazia Dorfes. Hier wird ständig nach neuen Zutaten und Geschmacks-Kombi­na­tionen für Cocktails gesucht. So ist auch der neue Cocktail Martini Oleum Olivarum entstanden.

Der Martini Oleum Olivarum ist basiert auf dem Geschmack des apuli­schen Goldes: Das native Olivenöl der Masseria San Domenico. Dieser lässt zusammen mit dem Gin und dem EGNAZIA Vermouth Rosso einen klassi­schen Martini unkon­ven­tionell wirken, denn er hat einen kräftigen und auch runden Geschmack.

Zutaten:
• 80 ml London Dry Gin aroma­ti­siert mit EVO-Öl
• 5 ml EGNAZIA Wermut Rosso
Zubereitung
1. Alle Zutaten in einem Rührglas mit Eis vermi­schen
2. Verrühren und dann in eine Tasse filtern 
3. Mit drei in Salzlake einge­legten apuli­schen Leccine-Oliven garnieren

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