Im Bierpa­radies

23.11.2023
Daniel Olsberg

Lesedauer: 3 Minuten

Sept. / Okt. 2017

Lange Jahre hätten die meisten Menschen sicherlich gerufen: „In Deutschland gibt es das beste Bier!“ Heute rufen viele „USA“„ Tsche­chien liegt zumindest im Bierkonsum ganz vorn, und auf den briti­schen Inseln versteht man auch einiges vom Brauhandwerk. Ich finde aber, dass schon allein die schiere Vielfalt von Biersorten und Brauva­ria­tionen Belgien im Rennen um die Braukrone ganz nach vorn bringt. Auch wenn Belgien sicher nicht das Hopfen-Eldorado im Sinne einer histo­risch gewach­senen IPA-Kultur, Kalthopfung und nackter Bitterkeit ist, so haben die belgi­schen Brauer doch eine solch ungeheure Bandbreite an Top-Bieren in so vielen Kategorien geschaffen, dass es ein wunder­bares Land zum Probieren, Naschen und Verkosten ist.

Ich hatte unlängst das Vergnügen, Belgien innerhalb einer Woche gleich zweimal besuchen zu dürfen: Ein langes Wochenende in Brüssel und ein paar weitere Tage in Eupen. Zwei Reisen, zwei Regionen und ein Ziel: Bier.

In Brüssel war ich mit zwei Freunden zu einer Art Verkos­tungs­tournee. Das ganze Wochenende drehte sich um Bier – von der berühmten Cantillon-Brauerei (mit Museum) zu Brüssels Schluck­hallen. Eine Menge Touristen machen das Gleiche, aber es ist auch nichts falsch daran, Bierpa­läste aufzu­suchen, in denen man aus hunderten Sorten wählen kann und wo jede Marke in ihrem spezi­ellen Glas serviert wird.

Für mich klingt das großartig. Einige Namen sind nunmal in so ziemlich jedem Bier-Führer zu finden: Moeder Lambic und Moeder Lambic Original, Dynamo Bar de Soif, La Machine, aber auch tolle Geschäfte, die Bier nicht nur außer Haus verkaufen, wie das Comptoir des Saveurs. Sie sind tatsächlich sehr populär, weil sie wirklich richtig gut sind. Ich bin ziemlich sicher, mir würden die vielen Touristen auf den Wecker gehen, wenn ich in Brüssel wohnte. Tu ich aber nicht, also ist mir das eher gleich­gültig. Ich blättere mich dann gern durch ein mehrsei­tiges Angebot verschie­dener Stile, auch wenn ich schwierige Entschei­dungen treffen muss: Nehme ich einen meiner Favoriten, wie ein frisches Orval, oder lieber mal etwas ganz anderes, womit ich bislang noch nicht das Vergnügen hatte?

Braue­rei­besuch in Ostbelgien

Es scheint nicht weithin bekannt zu sein, dass es neben dem Flämi­schen und dem Franzö­si­schen eine dritte sprach­liche Minderheit in Belgien gibt. In den Kantonen Eupen und St. Vith („Ostbelgien“ eben) wird deutsch gesprochen und „zweisprachig“ gebraut. Während meiner Reise dort lernte ich Biere eines gewissen Norbert Heukemes kennen und nutzte die Gelegenheit, seine Brauerei, die Cabane, zu besuchen.

Beim Anblick seiner Garage bekam ich als echter Heimbrauer leuch­tende Augen. Dort sah ich all das Zubehör, das auch ich so gern hätte: eine profes­sio­nelle Malzmühle, einen Glykolk­ühler, eine profes­sio­nelle Abfüll­anlage und natürlich eine zum Sterben schöne Brauanlage. In dieser maßge­schnei­derten Apparatur braut Herr Heukemes typisch belgische Biere mit deutschem Einschlag. Ohne das Korsett des Reinheits­gebots kann er bei seiner Kunst auf mehr als die bekannten vier Zutaten zurück­greifen. Sein Cabane limited edition mit nur 5,5 % Vol. ist eine Wohltat für Zunge und Gaumen. Es bietet malzige Tiefe ganz ohne klebrig süßen Körper. Es ist zurück­haltend gehopft, unter­stützt mit einer Spur Koriander, dessen Samen er hinzufügt. Koriander sorgt für komplexe nussige und Zitrus­aromen, die in erster Linie gut in helleren Bieren funktio­nieren und die wir norma­ler­weise mit Witbier, aber auch mit Saison’s verbinden. 

Seine zweite und bedeu­tendere Sorte, das „Blonde“, hat rund 7 % Vol. und ist viel heller. Braumeister Heukemes nutzt hier eine Kombi­nation verschie­dener Malze, um ein „leiden­schaft­liches“ Blondes zu erschaffen. Weil Cabane eine kleine Brauerei ist, die nur 150 bis 200 l pro Braugang produ­ziert, gelingen Herrn Heukemes klare, aroma­tische Biere mit Integrität und Tiefe. Und – ich finde das einfach fantas­tisch – jede Partie ist ein klein wenig anders, mit eigener Persön­lichkeit, die die wahre Freude an handwerk­licher und tradi­tio­neller Braukunst vermittelt. Mehr über Cabane unter: www.facebook.com/cabane.eupen.

 

Daniel Olsberg

 

Ähnliche Beiträge

Drinkidee: Japani­scher Frühling im Glas
Drinkidee: Japani­scher Frühling im Glas
Der Roku Hanami Fizz ist eine Abwandlung des klassischen Gin-Fizz-Cocktails, ...
Genuss aus der Bohne
Genuss aus der Bohne
Das Kaffeetrinken wird zum Gourmetvergnügen. In feinen Coffeeshops geht es um ...
Rosé-Champagner: Luxus in Pink
Rosé-Champagner: Luxus in Pink
Man spricht von rosaroten Kellerkindern, auch von schäumendem Pink und meint ...
Kannst du das vercraften?
Kannst du das vercraften?
Was für eine großartige Sache: Ich wurde in die Bar „Galopper des Jahres“ zu ...