Lange Jahre hätten die meisten Menschen sicherlich gerufen: „In Deutschland gibt es das beste Bier!“ Heute rufen viele „USA“„ Tschechien liegt zumindest im Bierkonsum ganz vorn, und auf den britischen Inseln versteht man auch einiges vom Brauhandwerk. Ich finde aber, dass schon allein die schiere Vielfalt von Biersorten und Brauvariationen Belgien im Rennen um die Braukrone ganz nach vorn bringt. Auch wenn Belgien sicher nicht das Hopfen-Eldorado im Sinne einer historisch gewachsenen IPA-Kultur, Kalthopfung und nackter Bitterkeit ist, so haben die belgischen Brauer doch eine solch ungeheure Bandbreite an Top-Bieren in so vielen Kategorien geschaffen, dass es ein wunderbares Land zum Probieren, Naschen und Verkosten ist.
Ich hatte unlängst das Vergnügen, Belgien innerhalb einer Woche gleich zweimal besuchen zu dürfen: Ein langes Wochenende in Brüssel und ein paar weitere Tage in Eupen. Zwei Reisen, zwei Regionen und ein Ziel: Bier.
In Brüssel war ich mit zwei Freunden zu einer Art Verkostungstournee. Das ganze Wochenende drehte sich um Bier – von der berühmten Cantillon-Brauerei (mit Museum) zu Brüssels Schluckhallen. Eine Menge Touristen machen das Gleiche, aber es ist auch nichts falsch daran, Bierpaläste aufzusuchen, in denen man aus hunderten Sorten wählen kann und wo jede Marke in ihrem speziellen Glas serviert wird.
Für mich klingt das großartig. Einige Namen sind nunmal in so ziemlich jedem Bier-Führer zu finden: Moeder Lambic und Moeder Lambic Original, Dynamo Bar de Soif, La Machine, aber auch tolle Geschäfte, die Bier nicht nur außer Haus verkaufen, wie das Comptoir des Saveurs. Sie sind tatsächlich sehr populär, weil sie wirklich richtig gut sind. Ich bin ziemlich sicher, mir würden die vielen Touristen auf den Wecker gehen, wenn ich in Brüssel wohnte. Tu ich aber nicht, also ist mir das eher gleichgültig. Ich blättere mich dann gern durch ein mehrseitiges Angebot verschiedener Stile, auch wenn ich schwierige Entscheidungen treffen muss: Nehme ich einen meiner Favoriten, wie ein frisches Orval, oder lieber mal etwas ganz anderes, womit ich bislang noch nicht das Vergnügen hatte?
Brauereibesuch in Ostbelgien
Es scheint nicht weithin bekannt zu sein, dass es neben dem Flämischen und dem Französischen eine dritte sprachliche Minderheit in Belgien gibt. In den Kantonen Eupen und St. Vith („Ostbelgien“ eben) wird deutsch gesprochen und „zweisprachig“ gebraut. Während meiner Reise dort lernte ich Biere eines gewissen Norbert Heukemes kennen und nutzte die Gelegenheit, seine Brauerei, die Cabane, zu besuchen.
Beim Anblick seiner Garage bekam ich als echter Heimbrauer leuchtende Augen. Dort sah ich all das Zubehör, das auch ich so gern hätte: eine professionelle Malzmühle, einen Glykolkühler, eine professionelle Abfüllanlage und natürlich eine zum Sterben schöne Brauanlage. In dieser maßgeschneiderten Apparatur braut Herr Heukemes typisch belgische Biere mit deutschem Einschlag. Ohne das Korsett des Reinheitsgebots kann er bei seiner Kunst auf mehr als die bekannten vier Zutaten zurückgreifen. Sein Cabane limited edition mit nur 5,5 % Vol. ist eine Wohltat für Zunge und Gaumen. Es bietet malzige Tiefe ganz ohne klebrig süßen Körper. Es ist zurückhaltend gehopft, unterstützt mit einer Spur Koriander, dessen Samen er hinzufügt. Koriander sorgt für komplexe nussige und Zitrusaromen, die in erster Linie gut in helleren Bieren funktionieren und die wir normalerweise mit Witbier, aber auch mit Saison’s verbinden.
Seine zweite und bedeutendere Sorte, das „Blonde“, hat rund 7 % Vol. und ist viel heller. Braumeister Heukemes nutzt hier eine Kombination verschiedener Malze, um ein „leidenschaftliches“ Blondes zu erschaffen. Weil Cabane eine kleine Brauerei ist, die nur 150 bis 200 l pro Braugang produziert, gelingen Herrn Heukemes klare, aromatische Biere mit Integrität und Tiefe. Und – ich finde das einfach fantastisch – jede Partie ist ein klein wenig anders, mit eigener Persönlichkeit, die die wahre Freude an handwerklicher und traditioneller Braukunst vermittelt. Mehr über Cabane unter: www.facebook.com/cabane.eupen.
Daniel Olsberg
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Peche Mel – Bush 8,5 % Vol. | Bierfarbe: Bernsteingelb 0,33 l 2,20 Euro Ein gelungener Mix von Pfirsichsaft und Bier. Weich und sehr fruchtig. belgium.beertourism.com/belgian-beers/peche-mel-bush
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Delta IPA Brussels Beer Project 6,5 % Vol. | IBU 45 Trinktemperatur 5–8 °C Bierfarbe: Kuperblond 0,33 l 3,19 Euro Exotische Fruchtnoten (Litschi und Passionsfrucht). www.beerproject.be
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Gueuze Girardin 5 % Vol. Nettes Sour Beer mit einem Hauch Malz und feiner Kohlensäure. http://users.belgacom.ne
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Blonde – Lupulus 8,5 % Vol. | IBU 49 Trinktemperatur 8–12 °C 0,75 l Eine nettes, würziges belgisches Blondes mit nachhaltiger Hopfennote. www.lupulus.be
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Charbon – De Dochter van der Korenaar 7 % Vol. | IBU 46 | Bierfarbe: Schwarz | Style: Smoked Vanilla Stout 0,33 l (auch in 0,66 l erhältlich – siehe Bild) 7 Euro Ein klassisches trockenes Stout, gebraut mit geräuchertem Weizenmalz und mit frischer Vanille aromatisiert. Charbon ist ein Bier voller Widersprüche: Die Röstaromen arbeiten gut mit dem Eichenrauch des Weizenmalzes zusammen und geben einen gesunden Schuss Torf ins Bier. Andererseits bringt der Extrakt frischer Vanille einen subtilen und weichen Dreh hinein. In Kombination ergibt das ein spannendes Stout, dessen diametrale Aromen letztlich ein ausgewogenes, harmonisches Ganzes ergeben. Charbon passt hervorragend zu sahnigem Weichkäse. www.dedochtervandekorenaar.be
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Duvel Tripel Hop Citra 9,5 % Vol. | IBU 48 Trinktemperatur 5–8 °C Bierfarbe: Gold | 0,33 l 2,69 Euro Meiner Ansicht nach das beste Triple Hop unserer Zeit. Ich empfehle Hamsterkäufe. Schlichtweg herausragend. www.duvel.com
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Cantillon Rose de Gambrinus 5,5 % Vol. | IBU 25 Trinktemperatur 12 °C Bierfarbe: Rot-pink 0,375 l 12,95 Euro Ordentlich abgerundet, mit Aroma und Farbe von Himbeeren. Eines meiner Favoriten. www.cantillon.be
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Cantillon Gueze 5,5 % Vol. | IBU 30 Trinktemperatur 10–13 °C Bierfarbe: Gold 0,375 l 9,95 Euro Richtig schön frisches Bier mit herrlichen Noten von Leder, Honig und Landluft. www.cantillon.be
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Jambe de Bois Brasserie de la Senne 8 % Vol. | IBU 49 | 0,33 l www.brasseriedelasenne.be
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Bruxellensis Brasserie de la Senne 6,5 % Vol. | 0,33 l Nettes Sour Beer mit einem Hauch Malz und feiner Kohlensäure. www.brasseriedelasenne.be