Reden wir über Rum…

Karl-F. Lietz

Lesedauer: 6 Minuten

und mixen wir uns ein paar Klassiker nach der Devise von Präsident George Washington:  »One of sour, two of sweet, three of strong and four of weak«.(einmal sauer, zweimal süß, dreimal stark und viermal schwach  (klassische Rezepte s.unten).

Für die Altvor­deren war Rum in Form von Grog die Wunder­waffe gegen den Winter. Für die Jüngeren ist er ganzjährig der Stoff, aus dem die Tropen­träume sind.

Der Name ist »Programm«

Für den unver­ges­senen Komiker Heinz Erhardt war klar, wo das Wort herkommt. „Herr Ober, ich möchte gern Rumkugeln“, sagt er in einem seiner Sketche, worauf der Kellner antwortet: „Ja gerne, aber tun Sie das doch bitte draußen im Garten“. „Rum“ kommt also von „Rumkugeln“ und bezeichnet ein unkoor­di­niertes Tollen und Zappeln.

 

So falsch liegt er da nicht, der gute Heinz Erhardt. Die Bezeichnung für den karibi­schen Zucker­rohr­schnaps könnte die Abkürzung des Begriffes „Rumbuillon“ sein, was in der briti­schen Seefahrt so viel bedeutet wie Tumult, Krawall oder Krach. Vermutlich kugelten die Seeleute ganz viel rum, nachdem sie viel Rum getrunken hatten. Aber erst mal der Reihe nach.

Würden Sie gern mal eine Riesen­party geben? Kein Problem. Reichen Sie Punsch. Hier das Rezept für 300 Herren mit Begleitung: Acht Tonnen Rum, acht Tonnen Wasser, 80 Maß Zitro­nensaft, 30 Zentner Zucker, 10 Fässchen Malag­awein und fünf Pfund Zimt.

Wenn Sie es machen wollen wie weiland der englische Admiral Edward Russel anno 1694, bereiten Sie einfach die Mischung in ihrem Swimmingpool zu. Dem Gag, den sich der Seelord ausdachte, ist leicht nachzu­eifern: Auf den rotglü­henden Fluten schau­kelte ein Boot. Darin saß der Admiral, statt mit Rudern mit einem silbernen Schöpf­löffel, und teilte das flüssige Labsal aus.

Keine Parade­uniform zur Hand? Auch kein Problem, eine Prinz-Heinrich-Mütze à la Helmut Schmidt tut es auch. Spätestens wenn das Boot auf dem Trockenen ankommt, sehen ihre Gäste über solche histo­ri­schen Ungenau­ig­keiten hinweg.

Wer es etwas kleiner anfangen möchte, aber trotzdem die Gäste mit einem Admirals-Drink verwöhnen möchte, dem sei dieses Rezept empfohlen:

Admiral Edward Russell’s Punch (for one)

Brew some earl grey tea, remove the tea bag after a minute or two so it’s nice and light. Mix 4 parts of this with 4 parts any brandy, 2 parts lemon juice, 1 part sugar syrup and 2 parts of Oloroso sherry. Grate in nutmeg to taste. Stir with ice and strain over ice into a short cup, garnish with berries.

Piraten­party geht immer und dürfte nicht als kultu­relle Aneignung in die Kritik geraten.

George Washington hatte immer ein Fässchen Rum dabei

Und vielleicht erinnert sich jemand einer anderen histo­ri­schen Persön­lichkeit, die dem Rum auf besondere Weise zugetan war und deren Beispiel auch heutigen Regie­rungs­chefs und Staats­ober­häuptern empfohlen sei: George Washington, der erste ameri­ka­nische Präsident, schätzte die Überzeu­gungs­kraft des Rums so hoch ein, dass er 75 Gallonen unter das Wahlvolk verteilen ließ. So gewinnt man Wahlen! Washington blieb dem Rum auch privat zugetan, wie es heißt, in folgender Mischung: One of sour, two of sweet, three of strong and four of weak. Um sich jederzeit „einmal sauer, zweimal süß, dreimal stark und viermal schwach“ mixen zu können, hielt er stets ein Quantum Zitronen, einen Topf Zucker­sirup nebst einen Fässchen Rum in seiner Nähe. Die Geschichte des Rums ist eine Story obskurer Ereig­nisse.

Schon der Name des „westin­di­schen Weins“ deutet auf abenteu­er­liche Herkunft. Der früheste Bericht über den Zucker­rohr­schnaps stammt von der Insel Barbados, der östlichsten der kleinen Antillen. In dem 1647 geschrie­benen Buch wird er als „killdevil“ bezeichnet, wohl deshalb, weil die frühen Destillate in der unver­edelten Form streng genug waren, um selbst Satan einen Funken Respekt einzu­flössen. In einer Veröf­fent­li­chung von 1780 wird der „killdevil“ als junges Destillat geschildert, das so rauschend ist, dass es schon viele, besonders Neuan­kömm­linge, auf den westin­di­schen Inseln schlicht nieder­streckte, wenn sie zuviel davon tranken.

Aber es gibt auch Zeugnisse, die das Elixier mit seriösen Namen in Verbindung bringen: Rum kommt von Roma, wurde gemutmaßt, denn Roma ist das Sanskritwort für Wasser. Andere Rumfor­scher glauben, rum (oder Franzö­sisch: Rhum) stamme von  dem malai­ischen „brum“, einem Likör aus vergo­renem Zucker­rohrsaft. Eine andere Gruppe meint, Rum käme von „rheum“, was so viel wie fließen heißt, oder von der Endsilbe des latei­ni­schen Wortes für Zuckerrohr, Saccharum. Die wahrschein­lichste Deutung stammt aus einem 1651 verfassten Buch, ebenfalls aus Barbados. Hier wird die „feurige, abscheu­liche und schreck­liche Flüssigkeit“ Rumbullion oder Rumbustion genannt, was soviel wie Aufruhr und Tumult (s. o.) heißt. Die Hersteller des begehrten Getränks müssen häufig erlebt haben, wie die Konsu­menten ihres Destillats, Piraten und andere Abenteurer, anfingen, zu „rumoren“.

Rum kommt aus all jenen Ländern, in denen Zuckerrohr wächst; aus Australien, Guayana, Madagaskar und Mauritius; vor allem aber von den großen und kleinen Antillen, also aus Kuba, Jamaika, Haiti, der Domini­ka­ni­schen Republik, Puerto Rico, St. Thomas, St. Croix, Marti­nique, Barbados und Trinidad.

Jeder Rumher­steller hat sein spezi­elles Aroma-Geheimnis. Entscheidend für die Kompo­sition ist nicht nur die Mischung des zuerst abdestil­lierten „high wine“ mit dem später anfal­lenden „low wine“. Bereits die Fermente in den Gärbot­tichen sind entscheidend. Um den Duft des einstigen Seeräu­ber­tranks zu berei­chern, fügen einige Hersteller dem mit Zucker­couleur (Karamell) braun­ge­färbten Destillat noch besondere Substanzen zu: in Jamaika frisch ausge­pressten Zucker­rohrsaft oder Ananas­maische, in Madagaskar Kleeblätter, auf Barbados Pflau­men­auszüge, woanders auch Akazi­en­rinde oder Pfirsich­blätter. Rum, so behaupten viele Rumlieb­haber, werde in seiner Aromain­ten­sität von keiner anderen Spiri­tuosen der Welt übertroffen.

Wie kam Rum nach Kuba?

Am 11. Oktober 1492, 33 Tage nach Verlassen der Kanari­schen Inseln, traf Kolumbus auf Kuba. Auf seiner zweiten Reise nach Westindien beglückte er die Insel­be­wohner mit Zucker­rohr­spröss­lingen. Hier, so meinte Kolumbus, seien Klima und Boden­ver­hält­nisse besonders geeignet für den Anbau von Zuckerrohr.

Bis ins 17. Jahrhundert war Zucker in Europa eine Luxusware. Selbst Melasse blieb knapp, für die Herstellung von Rum blieb nichts übrig. Erst als die Segler der Alten Welt den Waren­aus­tausch mit den Inseln der Neuen Welt auswei­teten, kamen auch ausrei­chende Mengen von Zucker und Rum nach Europa. Bis 1848 bauten die Spanier in Havanna, Matanzas und Cárdenas moderne Brenne­reien. Und bis zur Gründung der berühmten Rum-Destil­lation des Spaniers Facundo Bacardi im Jahre 1862 wurden die verschie­densten Techniken der Zubereitung auspro­biert. Resultat: „El Ron de Cuba“, ein leichter, subtiler Rum. Das Elixier „Made in Cuba“ eroberte vor allem als Basis für unzählige Cocktails die Stätten gehobener Trink­kultur – und das, weltweit.

Vor der Revolution 1959 bestimmte die Familie Bacardi den Rum-Markt auf Kuba. Nach der Verstaat­li­chung, ein Jahr später, verließ die Familie die Zuckerrohr-Insel und nahm die Handels­rechte für ihre Marke mit nach Puerto Rico – der Rum selbst blieb auf Kuba. Hier reift er nach wie vor prächtig. Freilich mit einem anderen Label: Havana Club.

Das Ende der Rum-Welle wird immer wieder vorher­gesagt, wird aber auf sich warten lassen. Die Begründung dafür ist einfach, sie heißt Assimi­lation an den Zeitgeist. Der Rum der frühen Jahre war ein ungeho­belter Bursche, eher in Stürmen zu Hause als in der First Class. Zwischen den Kriegen mutierte er zum unver­zicht­baren Bestandteil der meisten Cocktails, und nach dem Krieg bekam er recht­zeitig die Kurve von der Cola-mit-Rum-Mode in die Light-Zukunft. Also beste Aussichten für die Zukunft – für die Tropen­träume der Jugend.

Zur Erfüllung von Tropen­träumen dient er weniger, aber auch die Deutschen brauen sich übrigens einen original Rum-Cocktail zusammen, die Norddeut­schen jeden­falls: den „Pharisäer“. Die heiße Mischung geht auf das Konto ostfrie­si­scher Bauern, die sich in dunklen Vorzeiten, lange vor der Erfindung des Ostfrie­sen­witzes, etwas Gutes tun wollten. „Ihr Pharisäer“, tobte der Pastor, als er merkte, warum die Trauer­ge­sell­schaft immer bessere Laune bekam. Die schlauen Bäuerlein hatten sich Rum in den Kaffee gegossen und oben einen Schlag Sahne aufge­löffelt, gegen die verrä­te­ri­schen Düfte.

Cocktail-Klassiker mit Rum:

Mojito

1 Limone, ungespritzt

2 Tl brauner Zucker

2 Minze­zweige

5 cl weißer Rum

4 cl Mineral­wasser

gesto­ßenes Eis

Limone achteln. Ins Longdrinkglas geben, mit Zucker bestreuen und stößeln. Minze­zweige hinzu­geben und vorsichtig nachstößeln. Rum, Mineral­wasser darüber­gießen. Eis hinzu­ge­geben. Umrühren.

Melon-Daiquiri

5 cl weißer Rum

3 cl Zitro­nensaft

3 Tl Puder­zucker

¼ Honig­melone, ohne Schale und Kerne

Zutaten in der angege­benen Reihen­folge mit 6 Eiswürfeln in den Mixer geben. 1 Minute pürieren. Mixtur in ein großes Glas füllen.

Variante: Der klassische Daiquiri wird ohne Melone zubereitet.

Cuba Libre

5 cl weißer Rum

2 cl Zitro­nensaft

15 cl Cola

1/8 Limone

8 Eiswürfel in ein großes Glas geben. Rum, Zitro­nensaft und dann Cola darüber­geben. Limone­n­achtel über Eis auspressen.

Planter’s Punch

5 cl Jamai­karum

2 cl Zitro­nensaft

2 cl Granat­ap­fel­sirup

10 cl Orangensaft

4 Eiswürfel in ein Glas geben. Zutaten in den Mixer geben. 30 Sekunden quirlen. Mixtur in das Glas mit Eis geben.

Variante: Mixtur mit Muskatnuss bestreuen.

Pina Colada

4 cl weißer Rum

3 cl Kokos­nuss­sirup

2 cl Sahne

8 cl Ananassaft

Zutaten mit 4 Eiswürfeln in den Mixer geben. 1 Minute pürieren. Mixtur in ein Glas geben.

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